Mülheim. . Christian Haub ist der neue starke Mann bei Tengelmann. Der 53-Jährige übernimmt die Aufgaben seines verschollenen Bruders Karl-Erivan.
Das Verschwinden von Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub hat Familie und Unternehmen über Tage in eine Schockstarre versetzt. Am Mittwoch stellte das Handels-Imperium die Weichen für die Zukunft. Der neue starke Mann im Mülheimer Konzern ist nun Christian Haub, der Bruder von Karl-Erivan Haub.
Mit der gestern verkündeten Übernahme der „alleinigen Geschäftsführung“ hat der 53-jährige Christian Haub so viel Macht wie zuletzt sein Vater Erivan, der 2000 nach 31 Jahren an der Tengelmann-Spitze an seine Söhne übergeben hatte. Auch wenn beide Brüder seither als „Geschäftsführende und persönlich haftende Gesellschafter“ das Unternehmen gemeinsam steuerten, war eindeutig Karl-Erivan Haub der Kopf, der den Konzern umkrempelte und nach außen repräsentierte.
Haub: „Im Herzen sind wir Händler“
Am 7. April kehrte der 58-Jährige von einer Skitour in den Schweizer Alpen nicht mehr zurück. Eine groß angelegte Suchaktion blieb ohne Erfolg. Am Freitag vergangener Woche gab die Familie die Hoffnung auf, den Manager noch lebend zu finden. Seit Dienstag steht ein Banner auf der Homepage: „Die Unternehmensgruppe Tengelmann trauert um Karl-Erivan Haub“, steht darauf zu lesen. Es ist gerade einmal fünf Wochen her, dass an derselben Stelle der Tod von Vater Erivan Haub verkündet worden war.
Christian Haub leitet ab sofort nicht mehr nur das Tengelmann-Geschäft in den USA. Er trägt nun allein die Gesamtverantwortung für den Konzern, der 2016 netto neun Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftete und mehr als 80 000 Menschen beschäftigt. Zur Mülheimer Gruppe gehören unter anderem die Baumarktkette Obi, der Textil-Discounter Kik, der Haushaltswaren-Anbieter Tedi und Babymarkt.de. Zudem hält Tengelmann Beteiligungen etwa an Netto, Zalando und Delivery Hero.
In einer ersten Reaktion nach seiner Berufung stellt Christian Haub am Mittwoch klar, dass Tengelmann ein Handelskonzern bleibe und sich nicht auf die Aufgaben einer Holding zurückziehen wolle. „Im Herzen sind wir Händler, und wir werden immer unternehmerisch und operativ tätig bleiben. Eine reine Verwaltung von Vermögen und Beteiligungen kann ich mir nicht vorstellen“, so Haub.
„Großes Vertrauen in junge Familienmitglieder“
Der Unternehmenschef betont zudem, dass Tengelmann in Familienhand bleiben und irgendwann von der sechsten Generation geführt werden soll. „Ich habe großes Vertrauen in die Fähigkeiten der jungen Familienmitglieder, die sich zu gegebener Zeit in den Dienst unseres Familienunternehmens stellen werden“, so Haub. Dazu zählen seine vier Kinder, die zwei Söhne seines Bruders Georg und die 1993 geborenen Zwillinge Viktoria und Erivan aus der Ehe von Karl-Erivan und Katrin Haub. Sie studieren und haben als Schüler bei Plus, Obi und Kaiser’s gejobbt.
Christian Haub erinnert an die vergangenen acht Jahre, während derer er die Tengelmann-Gruppe an der Seite seines Bruders Karl-Erivan führte. „Stets hatten wir gemeinsam das Ziel, unser Familienunternehmen in einem guten Zustand an die nächste Generation zu übergeben. An diesem Ziel halte ich fest und werde alles daran setzen, es zu erreichen“, sagt er und versprüht Optimismus: „Der Verlust unseres Bruders ist für unsere Familie eine Tragödie. Aber sie gefährdet nicht den Weiterbestand unseres Familienunternehmens“. Es sei „grundsolide und zukunftsfähig aufgestellt“.
In den letzten Jahren hatte Tengelmann vor allem den Online-Handel vorangetrieben, ist in junge Firmen eingestiegen und hat den Wohnungsbau als neues Geschäftsfeld erkannt. Im Sommer 2017 hatte Karl-Erivan Haub angekündigt, in den kommenden fünf Jahren 1,5 Milliarden Euro zu investieren. Dazu zählte auch ein stärkeres Engagement in den USA. So will unter anderem der Textildiscounter Kik 2019 im Raum Chicago erste Filialen eröffnen.
>>> Zur Person: Christian Haub
Christian Haub ist der jüngste der drei Haub-Brüder. Mit seiner Frau Liliane und ihren vier Kindern lebt der Manager in den USA. Von dort aus leitet er das Tengelmann-Geschäft auf dem amerikanischen Kontinent. Seit 2014 steht Haub zudem dem Family Office vor und verwaltet das private Vermögen der Familie. Von 1991 bis 2010 war er Chef der US-Supermarktkette A&P, die 2010 Insolvenz anmelden musste.
Sein Studium in Wien schloss Haub 1989 mit dem Diplom in Sozial- und Wirtschaftswissenschaften ab. Bevor er 1991 bei Tengelmann in den USA einstieg, arbeitete Haub in New York als Investmentbanker und Spezialist für Beteiligungskapital. Das Feld beackert er bis heute. Er leitet die Beteiligungsfirma Emil Capital Partners, bei der Wagniskapital-Investments der Haubs in USA, Kanada und Israel gebündelt sind.