Düsseldorf. . Erstmals seit Bekanntwerden seiner schweren Erkrankung tritt der RAG-Stiftungschef Werner Müller in der Öffentlichkeit auf.
Als die dunkle Limousine von Gerhard Schröder vor der Tür der Düsseldorfer Staatskanzlei hält, weiß Werner Müller noch nicht, dass er an diesem Tag auf einen langjährigen Weggefährten treffen wird. Der Altkanzler, der von seiner neuen Partnerin So Yeon Kim begleitet wird, ist der Überraschungsgast, als NRW-Ministerpräsident Armin Laschet den früheren Bundeswirtschaftsminister und scheidenden Chef der Essener RAG-Stiftung für sein Lebenswerk mit dem NRW-Verdienstorden auszeichnet. Gleich zu Beginn seiner Laudatio greift Laschet Worte des SPD-Altkanzlers auf. Es gebe kaum eine Persönlichkeit, die so wie Müller gleichermaßen die Wirtschaft und die Politik verstanden habe, zitiert der CDU-Politiker den früheren Kanzler.
Für Werner Müller ist es der erste öffentliche Auftritt seit Bekanntwerden seiner schweren Erkrankung Ende Februar. Müller wird von seiner Frau Marion begleitet. Auch Gewerkschaftschef Michael Vassiliadis, Evonik-Chef Christian Kullmann und der RAG-Vorstandsvorsitzende Bernd Tönjes sind mit von der Partie.
„Ich hoffe, dass ich ihn einige Zeit tragen kann“
Seine Erkrankung ist Müller anzusehen, aber sein Gesundheitszustand hält ihn nicht davon ab, seine Situation mit Humor zu beschreiben. Die Tatsache, dass die Zahl der Landesorden auf 2500 begrenzt ist, kommentiert er mit den Worten: „Ich hoffe, dass ich ihn einige Zeit tragen kann. Auf der anderen Seite weiß ich aber auch, dass ich den Platz in absehbarer Zeit wieder freimachen kann für andere Ordensträger. Das ist leider so.“
Für eine gewisse Heiterkeit sorgt auch, wie Müller seine ersten Treffen mit Laschet beschreibt: „Das war in der Raucher-Lounge in Berlin bei der Lufthansa.“ Später sei es der heutige Ministerpräsident gewesen, der mitgewirkt habe, Müller den Weg in die RAG-Stiftung zu ebnen. Ursprünglich seien „große Teile der CDU“ gegen ihn als Stiftungschef gewesen. Als ehemaliges Mitglied im Schröder-Kabinett sei er „als Sozi“ abgestempelt gewesen, obwohl er nicht einmal ein Parteibuch habe und auch nie durch „radikal-sozialistische Reden“ aufgefallen sei. Die Nähe zu Laschet ist heute so groß, dass sich die beiden Männer duzen.
Laschet spricht von einem „Jahrhundertwerk“
Der Ministerpräsident würdigt Müller als „Pionier und Gestalter des Ruhrgebiets“. Das Modell der RAG-Stiftung und die Gründung des Chemiekonzerns Evonik seien „ein Jahrhundertwerk“. Die Stiftung, die sich wesentlich aus Evonik-Dividenden finanziert, trägt einen Großteil der Kosten nach Ende des Steinkohlenbergbaus. Zugleich habe Müller Sorge dafür getragen, dass bei den Zechenschließungen „niemand ins Bergfreie gefallen“ sei, sagt Laschet.
Es ist eine heiter-melancholische Feierstunde, die bei einem Essen mit Wildkräutersalat, Kalbsrücken, Himbeersorbet und einem 2008-er Barolo in der Staatskanzlei zu Ende geht. Ein weiterer öffentlicher Auftritt von Müller ist für den 23. Mai vorgesehen – bei der Hauptversammlung des Evonik-Konzerns. Danach legt Müller seine Ämter als RAG-Stiftungschef und Evonik-Aufsichtsratsvorsitzender nieder. „Ich bin etwas heftiger erkrankt“, sagt Müller noch. „Das nimmt mir nicht den Mut, aber andererseits bin ich auch realistisch.“