Essen. . Der Gründerfonds Ruhr ist mit 34,5 Millionen Euro privatem Kapital prall gefüllt. Zeche Zollverein wird Anlaufstelle für Start-ups im Revier.

Wer eine neue Wohnung bezieht, lädt Gäste gemeinhin zur Einweihungsparty mit Buffet ein. Nicht so in der aufstrebenden und hippen Start-up-Szene des Reviers: Die Gründerallianz Ruhr bittet am Montag erst zum Networking Lunch und anschließend zum Housewarming.

Ansonsten spricht man dann Deutsch in „Haus 5“ auf dem Gelände des Weltkulturerbes Zeche Zollverein in Essen. Von hier aus will die Gründerallianz Ruhr mit ihrem inzwischen auf 34,5 Millionen Euro angewachsenen Gründerfonds angehende Jungunternehmer fördern. Hinter der Allianz stehen das 70 Unternehmen umfassende Netzwerk Initiativkreis Ruhr (IR) sowie die Macher der Initiative „Glückauf Zukunft!“ zum Abschied des Bergbaus Ende 2018: RAG, RAG-Stiftung und der Chemiekonzern Evonik.

Nur durch Kooperation nach vorne kommen

„Im Ruhrgebiet kann man nur durch Kooperation nach vorne kommen. Früher hat man hier gern mal sein eigenes Süppchen gekocht“, sagt Bernd Tönjes, RAG-Vorstandschef und Moderator des Initiativkreises Ruhr. Mit der Gründerallianz scheint das viel beschworene Ziel, Kirchtürme im Revier zu überwinden, erreicht zu sein. Für das erste große Projekt „Data Hub“, welches das Team auf Zollverein auf den Weg gebracht hat, gibt es bereits eine ganze Reihe von Partnern wie Emschergenossenschaft, Lippeverband, Haniel, Stadtwerke Bochum und Dortmund sowie Gelsenwasser und namhafte interessierte Konzerne.

Mit dem Data Hub will die Gründerallianz die Zusammenarbeit von datenorientierten Start-ups, Unternehmen, Städten und Universitäten fördern. „Mit dem Data Hub bauen wir erstmals eine digitale Plattform auf, mit deren Hilfe etablierte Unternehmen und Start-ups auf der Basis umfangreichen Datenmaterials ganz gezielt neue Lösungen entwickeln können“, sagt Gründerkoordinator Christian Lüdtke.

Gründerfonds Ruhr mit 34,5 Millionen gefüllt

Durch Aufbereitung und Verknüpfung digitaler Rohdaten sollen etwa Verbrauchsprognosen oder die Netzstabilität verbessert werden. Davon könnten teilnehmende Firmen und Gründer gleichermaßen profitieren.

Zur Allianz gehört aber auch der Gründerfonds, den Initiativkreis Ruhr und NRW.Bank aufgelegt haben. Das Geld soll als Risikokapital in Start-ups aus dem Ruhrgebiet fließen. Geschäftsführer Aristotelis Nastos kündigt am Montag an, dass er um Ostern herum die erste vom Gründerfonds finanzierte Beteiligung veröffentlichen werde.

Nastos hat große Ziele: „Die aktuell 34,5 Millionen Euro werden nicht reichen“, sagt er im Hinblick auf das große Potenzial zu fördernder Existenzgründer im Revier. Nach Berlin hat sich in der Rhein-Ruhr-Region die zweitgrößte Gründerszene Deutschlands entwickelt und Hamburg wie München abgehängt. Der Gründerfonds will zeitlich befristet in junge Firmen einsteigen und später aus dem Verkauf der Anteile oder Börsengängen Rendite ziehen.

Der Wunsch nach mehr Transparenz

Im Fokus hat der Fonds Existenzgründer aus den Wachstumsbranchen Bio-Wissenschaften, Gesundheit, digitale Wirtschaft, Chemie, neue Werkstoffe, Energie, Industrie, Logistik und Handel.

Bernd Tönjes ist davon überzeugt, dass die Gründerszene wegen der Vielzahl von Förderprogrammen und -institutionen in der Region in „Haus 5“ nun eine wichtige Anlaufstelle habe: „Gewünscht wird mehr Transparenz. Als Gründer weiß man nicht, wen man ansprechen soll.“

>>> Baustart für Euref-Gründercampus im Herbst geplant

In „Haus 5“ ziehen auch Mitarbeiter der Euref AG ein, die für 50 Millionen Euro einen Gründer-Campus rund um den Gasometer auf Zeche Zollverein plant. Euref-Prokuristin Karin Teichmann kündigte am Montag an, dass die Bauarbeiten im kommenden Herbst starten sollen. Das Unternehmen betreibt bereits einen ähnlichen Campus in Berlin.

„Wir wollen in Essen Platz für Ideen schaffen“, so Teichmann. Der Standort im Revier zeichne sich durch seine Industrieerfahrung und die größte Hochschullandschaft in Europa aus.