Essen. . Der Chemiekonzern Evonik plant am Standort Marl seine größte Investition in Deutschland: Für rund 400 Millionen Euro soll im Chemiepark eine neue Produktionsanlage für Polyamid 12 entstehen, ein hoch spezialisierter Kunststoff, den Evonik nach eigenen Angaben als Weltmarktführer herstellt. Marl hat sich konzernintern gegen alle Konkurrenz-Standorte weltweit durchgesetzt, auch gegen Niedriglohnländer in Asien.
Der Chemiekonzern Evonik plant am Standort Marl seine größte Investition in Deutschland: Für rund 400 Millionen Euro soll im Chemiepark eine neue Produktionsanlage für Polyamid 12 entstehen, ein hoch spezialisierter Kunststoff, den Evonik nach eigenen Angaben als Weltmarktführer herstellt. Marl hat sich konzernintern gegen alle Konkurrenz-Standorte weltweit durchgesetzt, auch gegen Niedriglohnländer in Asien.
„Wir haben in Marl hervorragend ausgebildetes Fachpersonal und werden mit der Investition rund 150 Arbeitsplätze schaffen“, sagte Evonik-Chef Christian Kullmann gestern. Die Anlage soll 2021 in Betrieb gehen und die bestehende Polyamid-Produktion in Marl deutlich ausweiten. Aus dem extrem leichten wie robusten Kunststoff werden vor allem Teile für die Autoindustrie sowie Öl- und Gasleitungen gebaut. Das am schnellsten wachsende Anwendungsgebiet für Polyamid 12 ist laut Evonik aber der industrielle 3D-Druck.
Kunststoff für Autos und 3D-Drucker
Das Bekenntnis des Essener MDax-Konzerns zu seinem Revier-Standort ist zugleich ein wertvolles Signal dafür, dass Deutschland bei der Ansiedlung von Industrie im globalen Wettbewerb noch mithalten kann und zumindest im Hightech-Bereich nicht zu teuer sein muss. „Wir haben uns nicht aus Sentimentalität für Marl entschieden, sondern weil der bestehende Chemiepark der für uns beste, auch wirtschaftlichste Standort für die neue Anlage weltweit ist“, sagte Claus Rettig, Geschäftsführer der zuständigen Evonik-Sparte „Resource Efficiency“, vor Journalisten in Essen. Das Ruhrgebiets-Werk habe in puncto Rohstoff- und Personalkosten selbst Singapur als Alternativstandort hinter sich gelassen, die USA wegen der dort sehr hohen Baukosten ebenfalls.
Marls Bürgermeister Werner Arndt begrüßte die Investition. „Die neue Anlage stärkt den Chemiepark Marl im internationalen Wettbewerb und leistet zugleich einen wichtigen Beitrag zur Sicherung und Stärkung der Beschäftigung in unserer Stadt und unserer Region“, sagte er dieser Zeitung. Nach dem Aus für den Steinkohlenbergbau gewinne „die Chemie als innovative Wirtschaftsbranche eine noch größere Bedeutung“.
Probleme, die für den neuen Produktionsstrang benötigten 150 Fachkräfte in der Region zu finden, erwartet Rettig nicht: „Für die neue Anlage brauchen wir vor allem Chemiekanten. Die bilden wir selbst aus: Rund die Hälfte der Stellen wollen wir mit Auszubildenden besetzen, die andere Hälfte mit erfahrenen Mitarbeitern.“
Für Polyamid 12 gibt es weltweit nur vier Hersteller, der Spezialchemie-Konzern Evonik ist die Nummer eins. Das als Pulver oder Granulat hergestellte Material erlaubt die Fertigung flexibler, aber zugleich sehr widerstandsfähiger Kunststoffprodukte. Es findet sich in Skiern und Sportschuhen ebenso wie in Benzinleitungen und dicken Rohren für die Ölförderung im Meer. In der Autoindustrie und den Förderleitungen von Öl und Gas ersetzt Polyamid 12 Evonik zufolge zunehmend den deutlich schwereren Stahl als Werkstoff. Hoffnungen setzen die Essener deshalb auch auf den erwarteten Durchbruch von Elektroautos, für die Leichtbauteile besonders wichtig sind, um die Batterie zu schonen und so die Reichweite zu erhöhen.
„Wir erwarten eine jährlich um fünf bis sechs Prozent wachsende Nachfrage nach Polyamid 12“, sagt Evonik-Manager Claus Rettig, „der neue Produktions-Strang in Marl wird unsere Kapazitäten um gut 50 Prozent erhöhen und rasch ausgelastet sein.“