Essen. . Eon und RWE teilen den Energieversorger Innogy unter sich auf. Spannung verspricht, dass RWE zum Großaktionär von Eon wird.
Johannes Teyssen und Rolf Martin Schmitz sitzen Schulter an Schulter. Hinter ihnen sind die Logos von Eon und RWE zu sehen. Um ihr historisches Bündnis zu besiegeln, haben die Chefs der beiden größten deutschen Energiekonzerne sogar ihre Bilanzpressekonferenzen abgesagt. Stattdessen absolvieren die einstigen Rivalen einen gemeinsamen Auftritt – auf neutralem Gebiet wohlgemerkt, nicht etwa in einer der beiden Konzernzentralen, sondern in einem Raum der Essener Messe. Teyssen und Schmitz scherzen. Man duzt sich. Am Ende tauschen die beiden Chefs noch Kugelschreiber mit den Farben ihrer Konzerne aus.
Die Stimmung wirkt gelöst. Von der Verunsicherung während der Bilanz der RWE-Tochter Innogy ist nichts mehr zu spüren. Teyssen und Schmitz haben es in der Hand, was aus Innogy wird. Innogy, immerhin ein Unternehmen mit mehr als 40 000 Beschäftigten, steht im Zentrum des Deals von Eon und RWE. Klar ist: Innogy wird zerlegt und aufgeteilt. Das Netzgeschäft und der Vertrieb kommen zu Eon, RWE erhält die Ökostrom-Erzeugung. Teyssen nennt es – ganz unbescheiden – „einen der kreativsten Gestaltungsdeals der deutschen Industriegeschichte“.
Stellenabbau ohne betriebsbedingte Kündigungen
5000 Arbeitsplätze will Eon im Zuge der Übernahme abbauen, allerdings ohne betriebsbedingte Kündigungen, wie Teyssen betont. „Das werden wir anständig hinkriegen“, sagt er. Künftig werde Eon ein Konzern mit mehr als 70 000 Beschäftigten sein, derzeit sind es 42 700. Zu RWE werden wohl knapp 3000 Mitarbeiter wechseln, zusätzlich zu den rund 17 000 derzeit. Er gehe davon aus, dass es bei RWE in den kommenden Jahren durch die Transaktion keinen Personalabbau geben werde, sagt Konzernchef Schmitz.
Bislang hat RWE Strom vor allem mit Kohle-, Gas-, Atomkraftwerken produziert. Das ändert sich nun. Nach Angaben von RWE-Finanzchef Markus Krebber produzieren die Anlagen des Konzerns künftig zu mehr als 60 Prozent Strom mit keinem oder einem niedrigen Ausstoß von Kohlendioxid – aus Wind, Sonne, Wasserkraft und Biomasse sowie Gaskraftwerken. „Im Bereich der erneuerbaren Energien ist eine schlagkräftige Größe erfolgsentscheidend. Diese hatten weder Innogy noch Eon“, sagt Schmitz. Nun werde RWE mit einem Schlag zur Nummer drei bei den Erneuerbaren in Europa.
Marke Innogy auf dem Prüfstand
Teil des Deals der beiden größten Energiekonzerne Deutschlands ist auch, dass sich RWE an Eon beteiligt. Es ist ein sensibles Thema: Mit fast 17 Prozent wird RWE größter Aktionär. Geplant ist, dass RWE ein Aufsichtsratsmandat erhält. Ob er selbst in das Eon-Gremium wechseln wird, lässt Schmitz offen. Teyssen betont, die Eon-Aktien von RWE seien eine reine Finanzbeteiligung – und nicht etwa ein Indiz für eine bevorstehende Fusion beider Konzerne. „RWE darf die Beteiligung nicht weiter ausbauen“, stellt der Eon-Chef klar. Auch Verkäufe der Aktien an Wettbewerber seien vertraglich verboten.
Ob die mit viel finanziellem Aufwand positionierte Marke Innogy erhalten bleibt, sei noch nicht entschieden, berichtet Teyssen. Zur RWE-Tochter Innogy gehört auch der Discounter Eprimo. Eon setzt neben dem eigenen Namen auch auf die Marke „E wie einfach“. Nach Einschätzung von Verbraucherschützern sind die Auswirkungen der Innogy-Zerschlagung auf die Strompreise noch nicht absehbar. Innogy sei ein vergleichsweise teurer Stromanbieter in der Grundversorgung, sagt Klaus Müller vom Bundesverband der Verbraucherzentralen: „Das heißt, es gibt die Hoffnung, dass sich hier vielleicht etwas nach unten entwickelt.“
„Es gibt eigentlich nur Gewinner“
Essen „als deutsche Energiehauptstadt“ sieht Eon-Chef Teyssen durch den Deal mit RWE gestärkt. Wenn nun in den kommenden Jahren „maximal“ 5000 Arbeitsplätze wegfallen, seien dies bei weit mehr als 70 000 Beschäftigten weniger als sieben Prozent. „Mittelfristig erwarten wir großartige Entwicklungschancen, die in der kommenden Dekade tausende neue Arbeitsplätze in Essen, Deutschland und Europa schaffen können“, sagt Teyssen und erwähnt unter anderem das Thema Elektromobilität. Im Übrigen sei der Deal mit RWE „der erste wirkliche Wachstumsschritt von Eon“ seit mehr als zehn Jahren.
Die Zusammenfassung von RWE-Chef Schmitz lautet: „Es gibt eigentlich nur Gewinner.“ Besonders ins Schwärmen gerät er, wenn er als Chef des künftigen Eon-Aktionärs über die Börsenkursentwicklung spricht: „Da leuchten bei mir jetzt schon die Dollar-Zeichen in den Augen.“