Essen/Düsseldorf. . Eon rechnet nach der Übernahme des Netz- und Vertriebsgeschäfts der RWE-Tochter Innogy mit dem Abbau von bis zu 5000 Arbeitsplätzen.

Die Chefs von Eon und RWE, Johannes Teyssen und Rolf Martin Schmitz, üben den Schulterschluss. In einer gemeinsamen Erklärung verteidigen sie ihre Pläne, die eine Zerschlagung der RWE-Tochter Innogy und massiven Stellenabbau vorsehen. „Nach ersten Berechnungen werden maximal 5000 der dann insgesamt deutlich über 70 000 Arbeitsplätze bei der erweiterten Eon im Zuge der Integration abgebaut“, heißt es in der Mitteilung unter einem Briefkopf beider Konzerne. Das entspreche weniger als sieben Prozent der neuen Eon-Belegschaft, heißt es weiter. Gleichzeitig rechne Eon damit, dass „im nächsten Jahrzehnt Tausende neue Arbeitsplätze“ entstehen.

Durch die Übernahme der Innogy-Geschäfte erwartet Eon Kosteneinsparungen in Höhe von 600 bis 800 Millionen Euro jährlich, die ab dem Jahr 2022 realisiert werden sollen. Bei einem gemeinsamen Auftritt wollen Teyssen und Schmitz am Dienstag für ihr Vorhaben werben. Dafür sagt RWE am Montagabend sogar die eigentlich geplante Bilanzpressekonferenz ab.

Turbulente Tage bei Innogy

Wie groß die Verunsicherung bei Innogy ist, wird bei der Bilanzvorlage der RWE-Tochter am Montagmorgen deutlich. Für Uwe Tigges ist es eine Premiere als Konzernchef. Seit Peter Terium kurz vor Weihnachten Innogy verlassen musste, führt der frühere Betriebsratsvorsitzende Tigges den Konzern mit seinen rund 42 000 Mitarbeitern. Eigentlich sollte Tigges die Geschäftszahlen gemeinsam mit Finanzchef Bernhard Günther präsentieren. Doch Günther ist vor wenigen Tagen Opfer eines rätselhaften Säureangriffs geworden. Also muss Tigges im Essener Konzernturm nicht nur den Job von Terium übernehmen, sondern auch jene Redepassagen vortragen, die für Günther vorgesehen waren.

Es sind turbulente Tage bei Innogy. Dass auch er von den Plänen des Mutterkonzerns RWE zum Verkauf von Innogy überrascht worden ist, lässt Tigges jedenfalls durchblicken. Er habe am Samstagabend von der neuen Situation erfahren, sagt Tigges. Wenige Stunden später sind es Eon und RWE, die über eine Börsenmitteilung ihre Grundsatzvereinbarung öffentlich machen.

IGBCE und Verdi signalisieren Eon und RWE Zustimmung

Geplant ist demnach, dass RWE ein Paket mit 77 Prozent der Innogy-Aktien an Eon verkauft. Dann soll Innogy zerlegt werden. Was er davon hält, lässt sich Tigges nicht entlocken. „Ob das in unserem Interesse ist, kann ich heute nicht sagen“, erklärt er lediglich. „Wir werden uns die Dinge ansehen, wir werden sie bewerten, und dann werden wir dazu im Sinne unserer Aktionäre, unserer Mitarbeiter und unserer Kunden Stellung nehmen.“

Während Tigges vage bleibt, äußern sich andere. Die Gewerkschaften IGBCE und Verdi signalisieren Eon und RWE Zustimmung, ebenso die kommunalen RWE-Aktionäre. In Berlin gibt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu Protokoll, dass sie keine Einwände hat.

Die NRW-Landesregierung kommt ebenfalls zu einem positiven Urteil. „Dieser Deal ist grundsätzlich gut für Nordrhein-Westfalen“, sagt Landeswirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) in Düsseldorf. NRW behalte zwei „starke Player“ auf dem Energiemarkt. Dies sei besser als andere Szenarien unter Berücksichtigung internationaler Kaufinteressenten. Tatsächlich sollen auch ausländische Konzerne bei RWE angeklopft haben, um für eine mögliche Übernahme von Innogy zu werben. Pinkwart ermahnt die Konzernverantwortlichen, bei den nun anstehenden Veränderungen auf die Mitarbeiter Rücksicht zu nehmen.

RWE soll größter Aktionär bei Eon werden

Bei RWE soll es in den nächsten Jahren durch die Innogy-Transaktion keinen Jobabbau geben. Eon-Chef Johannes Teyssen und RWE-Chef Rolf Martin Schmitz verteidigen ihre Pläne, die mittlerweile auch von den Aufsichtsräten beider Unternehmen abgesegnet worden sind. Vorgesehen ist, dass die beiden größten deutschen Energiekonzerne die RWE-Tochter Innogy untereinander aufteilen. Eon soll das Netz- und Vertriebsgeschäft bekommen. RWE will mit der Ökostrom-Erzeugung ein alternatives Geschäftsmodell zu den bestehenden Kohle- und Gaskraftwerken aufbauen. Geplant ist auch, dass RWE mit einem Anteil von 16,7 Prozent zum größten Aktionär von Eon aufsteigt.

Durch den Tausch der Geschäftsbereiche entstehen nach Einschätzung von Eon-Chef Teyssen „zwei hochgradig fokussierte Unternehmen, die eine bessere Zukunft für die europäische Energielandschaft gestalten werden“. Eon erwartet im Zuge der Übernahme von Innogy Einsparungen in Höhe von jährlich 600 bis 800 Millionen Euro, die ab 2022 realisiert werden sollen.

Aktien der Energiekonzerne steigen

An der Börse jedenfalls kommen die Pläne der Konzerne gut an: Die Aktien von Eon, RWE und Innogy legen beim Wochenstart kräftig zu. Angesichts der Veränderungen gerät die Bilanz von Innogy in den Hintergrund. Im vergangenen Geschäftsjahr ist das Ergebnis vor Zinsen und Steuern um drei Prozent auf 2,8 Milliarden Euro gestiegen. Dazu trägt das Netzgeschäft, das künftig wohl zu Eon gehören wird, mit 1,9 Milliarden Euro den größten Anteil bei. Das Nettoergebnis von Innogy hat sich in der Jahresbilanz mit 778 Millionen Euro fast halbiert – insbesondere wegen Abschreibungen auf das britische Vertriebsgeschäft. Die Dividende bleibt mit 1,60 Euro je Aktie unverändert.