Essen. . Dem Energiekonzern Eon wird Interesse an der RWE-Tochter Innogy nachgesagt. Kommunale Aktionäre warnen vor einer Zerschlagung.
Es sind unruhige Zeiten für Innogy. Nach dem abrupten Abschied von Peter Terium als Vorstandschef machen Spekulationen über eine Zerschlagung des Essener Energiekonzerns mit seinen mehr als 40 000 Beschäftigten die Runde. Während die Suche nach einem Terium-Nachfolger läuft, werden Gerüchte über einen möglichen Verkauf von Innogy durch den Mutterkonzern RWE gestreut. Interesse wird dem Essener Konzernnachbarn Eon nachgesagt. Angeblich schiele Eon auf das für Innogy wichtige Netzgeschäft.
Die Spekulationen haben auch einen einflussreichen kommunalen RWE-Aktionär auf den Plan gerufen. „Eine Zerschlagung von Innogy ist nicht im kommunalen Interesse“, sagte Guntram Pehlke, der Chef der Dortmunder Stadtwerke DSW21, unserer Redaktion. Die Stadtwerke sind mit 3,8 Prozent an RWE beteiligt und damit der größte kommunale Einzelaktionär des Revierkonzerns. „Eine Herauslösung der Netze ist für uns völlig indiskutabel“, stellte Pehlke klar. Dieser Geschäftsbereich stehe schließlich „für einen Löwenanteil des Gewinns“ von Innogy.
Planspiele rund um australische Investmentbank
Seit Wochen kursieren aufs Neue Planspiele für den Energiekonzern Innogy, in dem die einstigen RWE-Geschäfte mit Netzen, Vertrieb und Ökostrom gebündelt sind. Seit dem Innogy-Börsengang im Oktober 2016 hält RWE 77 Prozent der Aktien des Tochterkonzerns. Nun berichtet die „Börsen-Zeitung“, ein Interessent für das rund 14 Milliarden Euro schwere Aktienpaket könnte die australische Investmentbank Macquarie im Verbund mit weiteren Partnern sein. Im Zuge eines solchen Deals könnte angeblich Eon zum Zuge kommen: So sei möglich, dass die Australier das Netzgeschäft an Eon weiterreichen. Kartellrechtlich wäre dies angeblich unproblematisch, weil das Stromnetz als örtliches Monopol ohnehin durch die Bundesnetzagentur reguliert wird.
Es ist nicht die erste Spekulation über eine angebliche Übernahme von Innogy. Unlängst kursierten Planspiele für eine Fusion der RWE-Tochter mit dem französischen Energiekonzern Engie. Auch der spanische Konzern Iberdrola und die italienische Enel werden zuweilen als potenzielle Interessen genannt. Insider halten indes einen Verkauf von Innogy an einen Konkurrenten aus dem Ausland angesichts des politischen Einflusses in der Energiebranche für unwahrscheinlich. Eine „deutsche Lösung“ sei wahrscheinlicher, sagt ein Kenner der Szene.
RWE-Chef Schmitz spielt Schlüsselrolle
Ein Innogy-Verkauf wäre Sache von RWE. Schon deshalb ist es logisch, wenn Innogy auf Anfrage erklärt, in einer für den 6. März geplanten Sitzung des Innogy-Aufsichtsrats würden „ausdrücklich keine wie auch immer gearteten Szenarien in Bezug auf einen Verkauf des Unternehmens behandelt“.
RWE-Vorstandschef Rolf Martin Schmitz will sich mit Blick auf Innogy alle Optionen offenhalten. „Wenn es strategisch sinnvoll ist, den Innogy-Anteil zu vermindern, um ein breiteres Finanzportfolio aufzubauen, werden wir das prüfen“, sagte Schmitz einmal. Auch ein Verkauf von Innogy-Aktien, mit dem ein Verlust der Mehrheit von RWE verbunden wäre, gilt mittlerweile als möglich. Beim Innogy-Börsengang hieß es noch, dass RWE mindestens einen 51-Prozent-Anteil an der Ökostrom-Tochter halten sollte.
Innogy-Aktie deutlich unter Kurs beim Börsenstart
Im Umfeld des RWE-Chefs wird allerdings auch betont, dass es keinen Sinn ergebe, Einnahmen aus einem möglichen Verkauf von Innogy-Aktien in Zeiten von Mini-Zinsen einfach aufs Bankkonto zu legen. Schließlich gilt Innogy nach wie vor als Lieferant einer auskömmlichen Dividende. Und mit rund 33 Euro rangiert der Innogy-Aktienkurs deutlich unter den 36 Euro beim Börsenstart. Stadtwerke-Chef Pehlke jedenfalls betont: „Für einen weiteren Verkauf von Innogy-Anteilen sehen wir im Moment keine Notwendigkeit.“
Nach dem erfolgreichen Börsengang steht das Innogy-Management zunehmend unter Druck. Ende vergangenen Jahres hatte Terium überraschend die Gewinnerwartungen nach unten korrigiert – mit heftigen Folgen für den Aktienkurs. Kurz danach musste Terium gehen. Derzeit führt der bisherige Personalvorstand Uwe Tigges als Interimschef den Konzern. Die Suche nach einem Terium-Nachfolger dürfte mit den aktuellen Spekulationen zu einer Zerschlagung nicht gerade leichter geworden sein.