Essen. . Nur Plexiglas trennt die Forscher von der gefräßigen Meute: Die BBC-Serie “Blauer Planet II“ startet mit spektakulären Aufnahmen unter Wasser.
Einen viel härteren Materialtest kann man sich kaum vorstellen. Ein kleines Unterseeboot, das in 750 Meter Tiefe von sechs Meter langen Haien angegriffen wird. Die Urviecher versuchen in die 1,4 Meter große Spezialkuppel aus Plexiglas zu beißen, hinter der das deutsche Forscherehepaar Kirsten (49) und Joachim Jacobsen (61) sitzt, mehr oder weniger gelassen. In unmittelbarer Nähe befindet sich der Grund für das aggressive Verhalten der Aasfresser. Ein Wal-Kadaver, um den sich die wilde Meute heftig streitet und den die Haie keinesfalls einem lästigen Konkurrenten überlassen wollen.
Die Jacobsens sitzen sicher, die Aasjäger lassen von dem zivilen U-Boot Lula 1000 ab, aus dem heraus die Forscher phantastische Beobachtungen in der Tiefsee bei den Azoren filmen. In dieser Klarheit ist das nur Dank der bis zu 14 Zentimeter dicken, aber dennoch hochtransparenten Kuppel möglich, die unverzerrte und hochauflösende Aufnahmen aus bis zu eintausend Meter Tiefe zulässt.
Phantastische Bilder ab 20.15 Uhr
Phantastische Bilder, die es heute (Montag, 19. Februar) im Abendprogramm der ARD zu sehen gibt, wenn ab 20.15 Uhr die preisgekrönte BBC-Produktion „Blauer Planet II“ ausgestrahlt wird.
Dass deutsches Know-how einen erheblichen Anteil am Gelingen der Aufnahmen hat, bleibt dabei überwiegend im Verborgenen. Dennoch spielt die Unterstützung der Tiefsee-Forschung für Evonik eine so bedeutende Rolle, dass das Spezialchemie-Unternehmen die seit fünf Jahren laufende Förderung für die gemeinnützige Stiftung Rebikoff-Niggeler gerade bis Juni 2019 verlängert hat.
Die klugen Köpfe hinter der Stiftung sind die beiden deutschen Wissenschaftler. „Der Forschergeist, der Kirsten und Joachim Jakobsen seit Jahren antreibt und in Menschen weltweit ein Bewusstsein für die gefährdete Schönheit der Tiefsee wachruft, hat uns davon überzeugt, unser Engagement fortzusetzen“, begründet Markus Langer, Markenchef des Essener Konzerns. „Jakobsens haben im Bereich des Films, der Wissenschaft, aber auch des U-Boot-Baus Grenzen überschritten und uns damit den Zugang in die noch fast vollständig unbekannte Welt der Tiefsee eröffnet.“
Auf der Suche nach Architeuthis
Der Essener Chemie-Konzern kennt sich dagegen in der Welt des Plexiglases seit Jahrzehnten aus. Die Tochtergesellschaft Evonik-Röhm mit Sitz in Darmstadt ist darauf spezialisiert. Deren Produkte haben längst Einzug in unseren Alltag gefunden, am bekanntesten als robuste Plexiglasplatten. Auch das Dach der Münchner Fußballarena stammt aus der Evonikproduktion. Selbst die verrücktesten Ideen lassen sich mit dem Material umsetzen, beispielsweise ein Plexiglasschwimmbad, das im 17. Stock eines Hochhauses herausragt, so dass quasi freischwebend geschwommen werden kann – wenn man das nötige Kleingeld für dererlei Luxus mitbringt.
Wenig bekannt ist, dass auch druckfeste Spezialkuppeln für Forschungs-U-Boote angefertigt werden, die bis in 1000 Meter Tiefe tauchen können. Wie widerstandsfähig das Material des Chemiekonzerns ist, haben nicht zuletzt die riesigen Sechskiemerhaie getestet und bewiesen. In der zweiten Folge der BBC-Serie am 26. Februar sind die Tiere beim Kampf um die Überreste des Wals zu sehen – die Attacke auf Lula 1000 allerdings nicht. Sie ist aber in einem Youtube-Video dokumentiert.
Ein Langzeitprojekt der Jacobsens ist die Suche nach einem lebenden Riesenkalmar, dem Architeuthis. Aktuell sind die beiden mit einem Walforschungsteam vor den Azoren unterwegs. Es geht um das Tauchverhalten von Pottwalen – und die Hoffnung, endlich auch einen Riesenkraken, die bevorzugte Speise der Wale, vor die Kamera zu bekommen, wenn man den Meeresriesen auf dem Weg in die Tiefe nah genug auf der Spur bleibt.