Essen/Mülheim. . Aldi Nord und Süd wollen mehr Waren gemeinsam einkaufen, dementieren aber Fusions-Gerüchte. Dafür gibt es Gründe.
Vor Aldis Macht, die Preise zu drücken, zittern Konkurrenten und Hersteller schon lange. Durch seine schiere Größe kann der führende Discounter bei der Warenbeschaffung Konditionen aushandeln wie kein Mitbewerber. Deshalb orientiert sich bei Preisbewegungen nach oben wie nach unten die gesamte Branche an Aldi. Dabei haben Aldi Nord und Süd durchaus unterschiedliche Sortimente und kaufen entsprechend viele Produkte auch noch getrennt ein. Deshalb lässt der nun bekannt gewordene Plan, den Einkauf ganz zusammenzulegen, Lebensmittel-Produzenten wie Discount-Konkurrenten gleichermaßen aufhorchen.
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Die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie ist alarmiert. „Die Bündelung des Einkaufsvolumens dieser beiden Discounter würde die bestehende Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel weiter verstärken und die ohnehin schwierige Absatzsituation der Ernährungsindustrie verschärfen“, sagte der zweite Hauptgeschäftsführer Peter Feller dieser Zeitung. Er setzt auf die Wettbewerbshüter: „Wir erwarten, dass dies bei der kartellrechtlichen Beurteilung dieses Sachverhalts angemessen berücksichtigt wird.“
Das „Manager Magazin“ zitiert aus dem Protokoll eines Treffens von Aldi-Managern. Demnach sollen die „Sortimente und Abläufe“ harmonisiert, alle Leistungen im Einkauf und anderen Abteilungen wie Logistik, Werbung und Qualitätswesen „nur noch einmal erbracht“ werden. Das solle „strukturelle und personelle Doppelungen“ reduzieren. Das Magazin leitet gar eine geplante Fusion ab aus folgendem Zitat: „Perspektivisch sollte dann auch über weitere organisatorische Schritte der Kooperation nachgedacht werden.“
Dem widersprachen die Konzerne: „Eine Fusion ist weder aus der Kooperation folgend noch aus sonstigen Überlegungen geplant oder beabsichtigt“, hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme. Auch sei kein Personalabbau durch das Zusammenrücken geplant. Aus Unternehmenskreisen hieß es, eine Fusion sei in den Gesprächen „nie Thema“ gewesen.
Gemeinsame Fernsehspots
Viele Produkte kaufen Aldi Nord und Süd längst gemeinsam ein und rücken auch sonst näher zusammen, was vorerst in gemeinsamen TV-Spots gipfelte – noch vor Jahren undenkbar. „Selbstverständlich arbeiten wir kontinuierlich an einer Optimierung dieser seit jeher gepflegten Kooperation“, erklärten die Discounter dazu.
Die Verbrüderung erreicht damit 57 Jahren nach der Teilung eine neue Qualität. Seinerzeit überwarf sich Karl mit seinem Bruder Theo Albrecht, weil der Zigaretten verkaufen wollte. 1961 startete Theo bei Aldi Nord mit Zigaretten in den Regalen und Karl Aldi Süd tabakfrei. Seitdem trennt der sprichwörtliche Aldi-Äquator den deutschen Discount-Markt entlang der Stadtgrenze Essen/Mülheim quer durch die Republik in zwei Hälften auf.
Die Konkurrenz vor allem durch Lidl, Nummer zwei der Discountbranche, und die Billigangebote der Supermärkte haben die beiden Aldi-Imperien in den vergangenen Jahren einander aber wieder deutlich näher gebracht.
Thomas Roeb, Handelsprofessor an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, hält das für einen „gewaltigen Schritt“, der das Potenzial von Aldi erhöhe, eine noch größere Einkaufsmacht auszuüben. Allerdings betont er, der Discount-Riese könnte schon heute mehr Druck auf die Einkaufspreise ausüben, wenn er wollte. Aldi habe aber eher Probleme, noch geeignete Hersteller zu finden, die zu Aldi-Konditionen liefern können. „Größe ist nicht alles“, sagt Roeb.
Das Bundeskartellamt äußerte sich gestern nicht zu den Plänen. Die Bonner Behörde wertet Aldi Nord und Süd auch im Einkauf bereits als Einheit. Allerdings sind sich die Wettbewerbshüter nicht einig. So sieht die Monopolkommission als Beraterin der Bundesregierung Aldi nur im Verkauf als Einheit an, nicht aber im Einkauf.
Handelsexperte Roeb sieht für die Schwesterunternehmen vor allem die Chance, konzeptionell zusammenzurücken. „Vielleicht ist das ja ein Schritt hin zu einer noch engeren Kooperation bis hin zur Fusion.“ Roeb glaubt, vor allem Aldi Nord könne von Aldi Süd lernen, wie sich Discounter vom Billigheimer zum modernen Lebensmittelmarkt entwickeln, da sei Aldi im Süden deutlich weiter.
Aldi Süd hatte früh mit der Modernisierung seiner Filialen begonnen. Aldi Nord zieht derzeit nach, investiert fünf Milliarden Euro, um alle rund 2300 Märkte nicht nur optisch aufzuwerten.