Duisburg. . Das Unternehmen Schauinsland aus Duisburg soll über 30 Millionen Euro nachzahlen. Reiseveranstalter denken über Verlagerungen ins Ausland nach.

Gerade hat Gerald Kassner wieder einen Erweiterungsbau im Duisburger Innenhafen in Betrieb genommen. Sein Familienunternehmen Schauinsland Reisen wächst. Umso verärgerter ist der Chef von 420 Mitarbeitern, dass er nun auch noch die „Urlaubssteuer“ rückwirkend bis ins Jahr 2008 nachzahlen soll.

„Für Schauinsland geht es um eine Summe von mehr als 30 Millionen Euro. Wir haben die Forderungen zum Teil bereits beglichen und zum Teil ausgesetzt“, sagt Kassner. Die Forderungen des Finanzamts will er aber nicht auf sich sitzen lassen. Im vergangenen Jahr hatte der Unternehmer gar damit gedroht, Duisburg den Rücken zu kehren. Er zog vor das Oberlandesgericht Düsseldorf. „Wir erwarten ein Urteil im Laufe des ersten Halbjahres“, sagt Kassner. In der Branche geht man aber davon aus, dass der Bundesfinanzhof das letzte Wort haben wird. Und das kann Jahre dauern.

Mehrbelastungen von 230 Millionen Euro im Jahr

Gerald Kassner aus Duisburg.
Gerald Kassner aus Duisburg.

Die Reiseveranstalter müssen jetzt schon Rückstellungen in Millionenhöhe bilden. Die Verordnung über die „gewerbesteuerliche Hinzurechnung“ angemieteter Immobilien gilt zwar seit 2008. Doch erst in letzter Zeit haben die Finanzämter die Regelung auch auf Reiseveranstalter ausgeweitet. Sie sollen nun Gewerbesteuer für Übernachtungskontingente in Hotels zahlen, die ihnen gar nicht gehören.

Das geht ins Geld. Die Mehrbelastungen für die Branche schätzt der Reiseverband DRV auf 230 Millionen Euro im Jahr. „Rückwirkend sind schon deutlich mehr als 1,4 Milliarden Euro mögliche Steuernachforderungen aufgelaufen“, sagt DRV-Präsident Norbert Fiebig. Eine Mehrheit der 2500 im Verband organisierten Firmen habe Widerspruch gegen die Steuerbescheide eingelegt. Betroffen sei überdies jedes vierte Busunternehmen.

Appelle an die Politik

„Es ist eine Katastrophe“, sagt Schauinsland-Chef Kassner. „Die Auslegung der Steuerforderungen durch die Finanzverwaltung ist brutal. Es gibt kein Verständnis für die Reiseveranstalter und auch kein Entgegenkommen.“ Der Reiseverband und der Unternehmer richten ihre Appelle deshalb an die Politik. „Ein klares Signal der Bundesregierung wäre nötig. Doch das zeichnet sich nicht ab, so lange die Urteile nicht gesprochen sind“, so Kassner.

Laut DRV erwägen etliche Reiseveranstalter Teilverlagerungen ins Ausland, um der „Urlaubssteuer“ zu entgehen. Der Schauinsland-Chef, dessen Unternehmen seit 100 Jahren in Duisburg verwurzelt ist, bleibt vage: „Wenn das Urteil vorliegt, werden wir uns langfristig positionieren.“