Essen/Schleswig. . Ein Gericht in Schleswig-Holstein beendet vorläufig den Familienstreit der Essener Aldi-Nord-Erben.
Der Erbenstreit in der Eigentümerfamilie von Aldi Nord ist vorerst entschieden: Das schleswig-holsteinische Oberverwaltungsgericht hat am Donnerstagabend eine umstrittene Satzungsänderung der Jakobus-Stiftung für rechtens erklärt. Damit verlieren die Kinder des verstorbenen Berthold Albrecht, Sohn des Discounter-Gründers Theo Albrecht, Einfluss auf die Stiftung. Andreas Urban, Anwalt der Familie, kündigte im Gespräch mit dieser Zeitung an, dass er nun Rechtsmittel gegen das Urteil prüfe.
Die Satzungsänderung war auch vom Kreis Rendsburg-Eckernförde als Stiftungsaufsicht akzeptiert worden. Doch die Erben Bertholds klagten dagegen. Das Verwaltungsgericht gab ihnen aus formalen Gründen Recht. Das Oberverwaltungsgericht hingegen erklärte, die Vorinstanz habe zu Unrecht die Unzulässigkeit der Satzungsänderung festgestellt. Die Revision ist nicht zugelassen.
Aldi Nord begrüßt Urteil
Ein Sprecher von Aldi Nord sagte am Abend, dass mit der abgewiesenen Klage „der Gleichklang der Stiftungen wieder hergestellt“ sei. „Damit kommt das Unternehmensinteresse in den Stiftungen weiterhin zum Tragen. Das Urteil und die dadurch entstandene Situation der Klarheit sind wichtig für die Zukunftssicherheit der Unternehmensgruppe Aldi Nord.“
Der Essener Discounter-Riese wird über drei Stiftungen gesteuert. Sie verwalten das Milliardenvermögen, das der Unternehmensgründer Theo Albrecht hinterlassen hat. Er hatte den Konzern gemeinsam mit seinem Bruder Karl aufgebaut, der nach der Aufspaltung des Familienkonzerns Aldi Süd in Mülheim führte.
In der Lukas-Stiftung hat Theo Albrechts Sohn Theo junior, der bis heute operativ in der Firma arbeitet, das Sagen. Die größere Markus-Stiftung hält 61 Prozent der Anteile an Aldi Nord. Vorsitzende ist Theo Albrechts Witwe Cäcilie, Stellvertreter ihr Sohn Theo junior. Zur Führung gehören überdies Aldi-Nord-Chef Marc Heußinger und Familienanwalt Emil Huber.
„Angemessener Lebensunterhalt“
Die Jakobus-Stiftung, über die gestern in Schleswig verhandelt wurde, hält wie die Lukas-Stiftung 19,5 Prozent des Vermögens von Aldi Nord. In ihr sind die Anteile des 2012 verstorbenen Albrecht-Sohns Berthold gebündelt. Wichtige Entscheidungen und auch Investitionen können nur von allen drei Stiftungen gemeinsam beschlossen werden.
Ein Zweck der Stiftung ist die Förderung der Begünstigten „unter anderem für die Sicherung eines angemessenen Lebensunterhalts“. Durch die Ausschüttungen erhält die Familie also ihr Geld, vorausgesetzt, Aldi Nord macht Gewinne. An der Höhe der Ausschüttungen – dem Vernehmen nach jährlich in zweistelliger Millionenhöhe – hatte Theo Albrecht junior im vergangenen Jahr heftige Kritik geübt. Aus dem Umfeld der fünf Kinder, darunter ein Vierlings-Paar, verlautete dagegen, die Höhe der Ausschüttungen deckten sich mit dem Testament, das ihr Vater Berthold nach seinem Tod hinterlassen hatte.
Gericht vernimmt Zeugen
Die Kinder hatten in Frage gestellt, dass die Satzungsänderung 2010 ordnungsgemäß zustande kam. Wie es heißt, soll Berthold Albrecht aufgrund seiner schweren Erkrankung zum Zeitpunkt, als er die Satzungsänderung unterschrieb, nicht geschäftsfähig gewesen sein. Das gehe auch aus seiner Krankenakte hervor. Überdies führen die Kinder ins Feld, dass ihr Vater für einen erkrankten Aldi-Manager, der zum damaligen Zeitpunkt im Stiftungsvorstand saß, mitunterschrieben habe. Aus rechtlichen Gründen könnten sich Vorstände in Stiftungen, Vereinen, Aktiengesellschaften oder GmbHs aber nicht vertreten, argumentieren sie.
Am Donnerstag sagte der ehemalige Manager allerdings aus, dass er Berthold Albrecht eine mündliche Vollmacht erteilt habe, für ihn zu unterschreiben. Berthold Albrecht sei es wichtig gewesen, dass die Unternehmensseite im Vorstand der Jakobus-Stiftung nicht unterrepräsentiert sei, erklärte der Zeuge. Albrecht habe sich Sorgen um den Fortbestand des Unternehmens gemacht. Er sei der Ansicht gewesen, seine Kinder hätten kein Interesse an dem Unternehmen, sondern nur an den Geldtöpfen. Der Zeuge selbst habe Berthold schon als „Schulbuben“ gekannt und ihn später ins Unternehmen eingearbeitet.