Mülheim. . Aldi, Lidl, Metro, Tengelmann & Co. schieben in Mülheim „Starbuzz“ an. Erste unabhängige Schmiede für Start-ups des Internethandels und der Logistik
Die Zustellfirmen wissen nicht, wie sie die erwartete Paketflut zu Weihnachten bewältigen sollen. Das junge Unternehmen „Paketchef“ hat eine Software entwickelt, mit der Empfänger von Bestellungen Einfluss auf den Zeitpunkt der Lieferung nehmen können und damit dem Boten erspart, vor verschlossener Tür zu stehen.
„Paketchef“ ist eines von den vier ersten Start-up-Unternehmen, das von „Starbuzz“ in Mülheim gefördert wird. Handelsriesen wie Aldi Süd, Lidl, Metro, Tengelmann und Fressnapf haben sich erstmals zusammengetan, um Gründer zu unterstützen, die Geschäftsideen für die Zukunftsfelder Internethandel und Logistik haben.
Traditionsreiche Handelsstadt Mülheim
Die Standortwahl für das bundesweit erste konzernübergreifende Unterstützungs- und Förderungsprogramm fiel nicht von ungefähr auf Mülheim. „Wir sind eine traditionsreiche Handelsstadt“, sagte Oberbürgermeister Ulrich Scholten (SPD) bei der offiziellen Eröffnung von Starbuzz. In Mülheim eröffneten die Metro-Gründer den ersten Großhandelsmarkt. Der Discounter Aldi Süd und die Unternehmensgruppe Tengelmann haben in der Ruhrstadt ihre Zentralen. Und: An der Hochschule Ruhr-West Mülheim/Bottrop hat der in seiner Form bundesweit einzigartige Studiengang E-Commerce seine Arbeit aufgenommen.
„Die 60 Studienplätze sind heiß begehrt“, sagt OB Scholten. Tengelmann hat der Hochschule eine Professur gestiftet und stellt den Start-ups in seiner benachbarten Konzernzentrale Räume zur Verfügung. „Es wäre dramatisch, wenn junge Leute eine Idee haben und Ihnen niemand dabei hilft“, so Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub.
Haub: Ruhrgebiet braucht Leuchtturm-Erfolge
Diese Unterstützung soll Starbuzz leisten. Erfahrene Mentoren, die die mehr als 35 Partnerunternehmen entsenden, sollen die Gründer beim Aufbau ihrer Unternehmen beraten, ihnen Türen zu Beteiligungskapital öffnen und ihnen bei der Suche nach potenziellen Kunden helfen. „Wir sind unabhängig und bieten kein Investitionskapital im Gegenzug für eine Beteiligung an Start-ups, die in unser Programm aufgenommen werden“, betont Geschäftsführer Thomas Müller, der hauptamtlich bei der Mülheimer Wirtschaftsförderung arbeitet und Starbuzz aufgebaut hat.
Tengelmann-Chef Haub begrüßte, dass sich das Gründerzentrum für E-Commerz und Logistik mitten im Ruhrgebiet angesiedelt hat. „Es muss nicht immer alles in Berlin, München und Hamburg stattfinden. Auch hier brauchen wir dringend Leuchtturm-Erfolge.“ In diese Kerbe schlug auch NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart. „Ich freue mich riesig, dass wir im Land so viele Gründerinitiativen haben“, sagte der FDP-Politiker. „Wir investieren nicht mehr in Steinkohle, sondern in Köpfe.“ Sein Ziel sei es, diese „klugen Köpfe“ in NRW zu halten und sie vom Abwandern nach Berlin oder ins Silicon Valley abzuhalten.
NRW-Bank stockt Mittel auf
Eine Stunde später kündigte Pinkwart in Düsseldorf an, dass das Land jungen Unternehmen den Zugang zu Wagniskapital erleichtern wolle. Die landeseigene NRW-Bank stelle deshalb zusätzlich 214 Millionen Euro zur Verfügung. Das entspreche einer Aufstockung um 85 Prozent. Die Landesregierung geht davon aus, dass jeder Euro, den die NRW-Bank in Start-ups investiert, vier Euro privates Kapital mobilisierten. „Keine gute Idee darf an der Finanzierung scheitern“, betonte Eckhard Forst, Chef der NRW-Bank. „Wir wollen neue Investoren einladen, nach NRW zu kommen.“