Herne. . Parfümerie-Unternehmer Gerd Pieper im Interview – über den Online-Handel, Ladendiebe, die Innenstädte und Borussia Dortmund.

Gerd Pieper hat ein gläsernes Büro. Es befindet sich ziemlich nah am Eingang der Firmenzentrale des Herner Parfümerie-Unternehmens – direkt neben den Büros seiner Söhne Oliver und Torsten. „Die Tür steht immer offen“, sagt Pieper. Während er in unserem Interview über seine 150 Parfümerien und das wachsende Online-Geschäft spricht, grüßt Pieper ein ums andere Mal Mitarbeiter, die er durch die Fensterscheibe erblickt.

Herr Pieper, schon Ihr Unternehmensname Stadt-Parfümerie Pieper legt nahe, wie wichtig die Innenstädte für Sie sind. Doch die großen Zuwächse verzeichnet Ihre Branche im Internet. Macht Ihnen das als Filialist zu schaffen?

Pieper: Mit dem Online-Geschäft ist der vielleicht größte Strukturwandel verbunden, den der Handel je erlebt hat. Es verändert sich nicht nur das Einkaufsverhalten der Menschen, sondern auch das Bild unserer Innenstädte. Gerade in kleineren oder mittleren Städten stehen zunehmend Geschäfte leer, weil Umsätze ins Internet abwandern. Ein krasses Beispiel ist Herten. Dort können Sie in der Einkaufsstraße viele Meter lang an leeren Geschäften vorbeilaufen. Ähnliche Entwicklungen gibt es in vielen Kommunen. Der Wettbewerb durch den Online-Handel ist brutal.

Wie reagieren Sie darauf?

Pieper: Wir kämpfen um jeden Cent, jeden Tag, morgens bis abends. Es gibt einen harten Zweikampf. Auf der einen Seite stehen die Discounter, die sich auf einen niedrigen Preis fokussieren, auf der anderen Seite Fachgeschäfte, die mit Beratung punkten. Beides hat seine Berechtigung. Wir glauben fest daran, dass unser beratungsintensives Geschäft eine Zukunft hat. Gleichzeitig investieren wir in unseren Online-Handel – trotz der Preiskämpfe, die für die Unternehmen teuer sind.

Sie haben 1969 mit zwei Läden begonnen. Mittlerweile ist Ihre Firma mit 1200 Mitarbeitern Deutschlands größtes inhabergeführtes Parfümunternehmen mit rund 150 Filialen in NRW, Niedersachsen, Hamburg und Bremen. Stoßen Sie an die Grenzen des Wachstums?

Pieper: In den vergangen zwei Jahren haben wir unser Filialnetz unter anderen durch Zukäufe um 17 Standorte erweitert. In den nächsten Jahren werden wir allerdings auch in den Online-Handel investieren.

Sie sind jetzt 74 Jahre alt. Wollen Sie Ihr Unternehmen nochmal neu erfinden?

Pieper: Das muss ich nicht. Aber wir entwickeln uns weiter. Ich bin froh, dass meine Söhne das Online-Geschäft viel besser verstehen als ich. Unser Geschäft im Internet ist schon jetzt unsere stärkste Filiale und liefert zweistellige Zuwächse – aber bei hohen Kosten.

In den Filialen machen Ihnen auch Ladendiebstähle zu schaffen. Nehmen die Probleme zu?

Pieper: Es ist schlimmer geworden. Uns entsteht durch Diebstähle jährlich ein Schaden in Höhe von rund 1,6 Millionen Euro. In jeder unserer 150 Filialen registrieren wir im Schnitt zwei Diebstähle pro Tag. Wir stellen auch verstärkt Bandendiebstähle mit Kindern fest. Dann tauchen plötzlich vier Kinder in einer Filiale auf und verbreiten Unruhe, während zwei Erwachsene in die Regale greifen. Fälle wie diese zeichnen wir mit Videokameras in den Filialen auf. Wir spüren auch eine wachsende Brutalität. Immer wieder kommt es vor, dass unsere Mitarbeiterinnen Drohungen ausgesetzt sind.

Wie reagiert die Justiz?

Pieper: Wenn wir einen Diebstahl anzeigen, wird das Ermittlungsverfahren in aller Regel eingestellt. Es ist frustrierend zu sehen, dass der Täter mindestens einmal ohne Folgen stehlen darf. Ich finde: Jeder Diebstahl muss auch bestraft werden – durch eine Geldstrafe, Sozialarbeit oder Führerscheinentzug. Zumindest müssen die Gesetze konsequent angewandt werden. Ich möchte Ladendiebe nicht ins Gefängnis stecken oder kriminalisieren, sondern Diebstähle verhindern.

Was können Sie als Unternehmer selbst tun?

Pieper: Wir schulen unsere Mitarbeiterinnen, und wir haben bereits zwei hauptberufliche Sicherheitsbeauftragte eingestellt. Bei Produkten, die besonders häufig gestohlen werden – Parfüm von Chanel zum Beispiel – stellen wir in manchen Filialen nur noch leere Verpackungen in die Regale.

Das Weihnachtsgeschäft steht vor der Tür. Welche Erwartungen haben Sie?

Pieper: Wir sind zuversichtlich. Das Weihnachtsgeschäft ist die wichtigste Phase für uns im Jahr. Neben Schmuck und Spielzeug sind Düfte traditionell Renner in dieser Zeit. Wir verkaufen schließlich etwas, das eigentlich niemand braucht: Luxus – und der ist ein besonders schönes Geschenk.

Ist die Firma Pieper eigentlich unverkäuflich?

Pieper: Es gibt immer wieder Anfragen von Wettbewerbern, aber wir möchten zu 100 Prozent ein Familienunternehmen bleiben. Meine Söhne Oliver und Torsten arbeiten mit mir schon seit Jahren Tür an Tür. Wir denken nicht in Quartalen oder Jahren wie große börsennotierte Unternehmen, sondern in Generationen. Und als Familienunternehmen haben wir den Vorteil, dass wir kein Geld an Investoren ausschütten müssen und es selbst in der Hand haben, wie und wo wir investieren möchten.

Beim Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund sind Sie gerade als Aufsichtsratschef und Vize-Präsident wiedergewählt worden – bis zum Jahr 2020. Macht Ihnen die Arbeit noch Spaß, obwohl es sportlich gerade nicht so rund läuft?

Pieper: Mit bereitet meine Arbeit viel Freude, weil der Verein seriös geführt ist und unter den Verantwortlichen ein großes Vertrauensverhältnis herrscht. Wir werden nicht nervös, wenn es mal nicht so gut läuft.

In die Trainerfrage mischen Sie sich nicht ein?

Pieper: Jeder weiß, wofür er zuständig ist. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir alle Themen intern regeln können und relativ schnell wieder in die Spur kommen.

Können Sie sich als bodenständiger Familienunternehmer manchmal angesichts der irren Ablösesummen für Fußballprofis nur wundern?

Pieper: Eine Stärke vom BVB ist, dass wir ein Revierclub sind, in dem man sich die Erfolge hart erarbeitet. Wir versuchen, bei all den Dingen, die im Fußball passieren, normal zu bleiben.