Essen. . Breites Bündnis aus Konzernen wie Aldi Süd, Telekom, Eon und Metro appelliert an Jamaika, aus der Kohlekraft auszusteigen.
Der Druck auf die künftige Bundesregierung, den Kohleausstieg voranzutreiben, wird immer größer. 51 Konzerne, Mittelständler und Unternehmensverbände forderten CDU/CSU, FDP und Grüne am Dienstag zur Beendigung der Kohleverstromung auf.
Zu dem breiten Bündnis gehört eine Reihe von Unternehmen aus dem Energieland Nordrhein-Westfalen. Den Aufruf an Jamaika haben unter anderem auch der Mülheimer Discounter Aldi Süd, der Baukonzern Hochtief und der Versorger Eon aus Essen, aber auch die Deutsche Telekom, die GLS Bank aus Bochum, der Stadtwerke-Verbund Trianel und der Handelsriese Metro unterschrieben. Der Erklärung beigetreten sind aber auch Marken wie Adidas, Aida Kreuzfahrten, Nestlé, Puma, Otto, Tchibo und Siemens.
Einstieg in die Verkehrswende
Der Appell der Allianz an Berlin ist nach Angaben der Organisatoren „die größte und umfassendste Unternehmenserklärung für ambitionierten Klimaschutz, die in Deutschland je veröffentlicht wurde“. Das Bündnis fordert nicht nur einen „verlässlichen und sozialverträglichen Ausstiegspfad bei der Kohleverstromung“. Die Unternehmen drängen die mögliche Jamaika-Koalition zudem, höhere Ökostrom-Mengen auszuschreiben, Anreize für eine beschleunigte Gebäudesanierung zu schaffen und Stromnetzen und -speichern Vorfahrt einzuräumen. Der Allianz liegt überdies ein „Einstieg in die Verkehrswende“ am Herzen.
„Eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz ist eine große Chance für die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft“, schreiben die Unternehmen. „Klar ist, dass der Kohleausstieg in den Koalitionsverhandlungen auf den Tisch muss und zwar ohne Scheuklappen. Die Unternehmen brauchen Planungs- und Investitionssicherheit“, sagt Sabine Nallinger, Vorstandsmitglied der Stiftung Zwei Grad, die die Initiative zu dem Forderungskatalog ergriffen hatte.
„Wirtschaftlicher Erfolg durch Klimawandel“
Die Stiftung wird von 14 Firmen getragen. Zu ihnen gehört auch Aldi Süd. Der Discounter trat „Zwei Grad“ im vergangenen März bei. „Wir sind davon überzeugt, dass wir dauerhaften wirtschaftlichen Erfolg nur dann erzielen, wenn wir uns globalen Herausforderungen wie dem Klimawandel stellen“, sagte eine Sprecherin dieser Zeitung. Aldi Süd hat sich selbst als „klimaneutrales Unternehmen“ zertifizieren lassen. Auf gut 1250 der 1880 Filialen gibt es Solaranlagen. Bis zu 80 Prozent des selbst erzeugten Stroms der Photovoltaikanlagen nutzt Aldi Süd nach eigenen Angaben selbst. Der Konzern setzt CO2 als Kältemittel ein und stellt auf LED-Beleuchtung um.
Zu den Unterzeichnern des Appells gehört aber auch der Essener Baukonzern Hochtief, der über seine Tochter Cimic im Geschäft mit der Kohle tätig ist. Der Ingenieurspezialist zählt zu den führenden Anbietern für Planung, Bau und Betrieb von Aufbereitungsanlagen für Kohle, Metalle und Eisenerz.
Allianz mit 450 000 Beschäftigten
Auch für Siemens spielt Kohle eine Rolle. Turbinen und Generatoren des Unternehmens erzeugen in Braun- und Steinkohlekraftwerken Strom. Freilich schrumpft der Markt. Die Sparte Power & Gas leidet unter Auftragsrückgängen.
Kohleausstieg und Klimaziele sind Knackpunkte der Jamaika-Sondierungsgespräche in Berlin. Der Appell der Wirtschaft dürfte nicht ohne Folgen bleiben. Denn das Bündnis spricht nach eigenen Angaben für Betriebe mit 450 000 Beschäftigten allein in Deutschland und 350 Milliarden Euro Umsatz weltweit. Industrieverbände wie BDI und DIHK hatten die künftige Regierung zuletzt aufgefordert, Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit nicht durch Klimaschutz zu gefährden.
>>> Die Stiftung Zwei Grad
Die Stiftung Zwei Grad gibt es seit rund zehn Jahren. Sie sieht sich als eine branchenübergreifende Plattform zur Lösung von Fragen zum unternehmerischen Umweltschutz.
Der Appell an die Jamaika-Partner wurde auch von der Initiative German Watch und vom Bundesdeutschen Arbeitskreis für u mweltbewusstes Management unterzeichnet.