Bochum. . Der Bochumer Teppichdesigner Jan Kath gilt als stilbildend. Das lockt Königshäuser – und Hersteller von Billigkopien.
Ein Gang durch die lichtdurchfluteten Hallen einer früheren Maschinenfabrik in Bochum gleicht einem Galeriebesuch. Zwischen alten Stahlträgern und Lastkränen präsentiert der Teppichdesigner Jan Kath (45) seine Luxus-Kollektionen, für die sich Rockstars, Königshäuser oder der frühere US-Präsident Clinton interessieren. Im Gespräch mit Ulf Meinke erzählt Kath, wie er heute Antiquitäten von morgen schaffen will.
Herr Kath, manche Ihrer Teppiche sehen aus, als habe jemand Farbe oder Säure über sie gekippt. Es gibt scheinbare Macken oder Spuren von Abnutzung. Doch mit Quadratmeterpreisen von 1000 bis 2600 Euro sind Ihre Teppiche der pure Luxus. Wie passt das zusammen?
Kath: Ich spiele mit traditionellen Designs, ich verändere sie, gebe sie aber nicht gänzlich auf. Bestimmte Werte bleiben, andere werden von Neuem überlagert. Tradition ist etwas ganz Wichtiges, sie ruht in uns. Letztlich geht es um Ästhetik. Ich möchte, dass meine Teppiche gefallen.
Ihre Eltern waren Teppichhändler in Bochum. War für Sie von Anfang an klar, dass Sie etwas mit diesem Geschäft zu tun haben wollten?
Kath: Nein, im Gegenteil. Nach meinem Zivildienst wollte ich erstmal raus aus dem Ruhrgebiet. Ich habe den Rucksack gepackt und bin fast zwei Jahre lang in Indien und Nepal unterwegs gewesen. Dort habe ich alles gemacht, nur nichts mit Teppichen. Dann ist mir in Kathmandu ein Mann über den Weg gelaufen, der früher Teppichlieferant meiner Eltern war. Später habe ich dann in einer Mischung aus Leichtsinn und Übermut seine Fabrik übernommen.
Heute führen Sie ein Unternehmen mit Ablegern in New York, Miami, Vancouver, Köln, Berlin oder Hamburg. Ist es für Sie ein Nachteil oder ein Vorteil, dass Sie aus dem Ruhrgebiet stammen?
Kath: Mich hat die industrielle Vergangenheit des Ruhrgebiets inspiriert. Ich finde es spannend, wie sich die Natur frühere Bergwerksgelände zurückerobert hat. Die Jahrhunderthalle oder Zeche Zollverein waren für mich in früheren Jahren die Kulisse für Katalog-Produktionen. Es ist auch kein Zufall, dass sich unser Firmensitz in einer alten Maschinenfabrik in Bochum-Ehrenfeld befindet.
Zu Ihren Kunden gehören der frühere US-Präsident Bill Clinton oder Anthony Kiedis von den Red Hot Chili Peppers. Für die Hochzeit von Fürst Albert und Charlene in Monaco haben Sie den roten Teppich geliefert. Sie statten Edel-Boutiquen und Luxus-Hotels aus. Lässt sich das alles aus Bochum organisieren?
Kath: Ich bin ja nicht nur in Bochum, aber sehr oft. Im Schnitt verbringe ich jeweils ein Drittel meiner Zeit auf Reisen, an meinem zweiten Wohnsitz in Nord-Thailand und eben in Bochum-Ehrenfeld, wo sich neben unserer Verwaltung und unserem Kreativzentrum auch ein Showroom befindet. Wenn es um den Kontakt zu prominenten Kunden geht, sind auch oft Großhändler, Architekten und Designer mit im Spiel.
Hand aufs Herz: Waren Teppiche für Sie in jungen Jahren ein Spießer-Produkt?
Kath: Jedenfalls waren Teppiche vor 15 oder 20 Jahren extrem out. In durchgestylten Wohnungen gab es sie praktisch nicht. Deshalb sage ich heute: Wir haben ein totes Produkt wiederbelebt.
Wie rechtfertigen Sie Ihre hohen Preise?
Kath: Alle unsere Teppiche entstehen in Handarbeit – meist in kleinen Manufakturen in Nepal. Das Knüpfen eines zweieinhalb mal drei Meter großen Teppichs dauert drei bis vier Monate. Der Teppich ist ein Kulturgut. Es ist mein Anspruch, heute eine Antiquität von morgen zu schaffen. Der eine oder andere Teppich von mir ist auch schon in Auktionen aufgetaucht und hat Preise wie Neuware erzielt. Ich möchte Fußspuren in der Industrie hinterlassen.
Was meinen Sie damit?
Kath: Mein Traum wäre es, eine Periode zu prägen, ähnlich vielleicht wie es Teppichmeister aus Persien im 17. Jahrhundert geschafft haben.
Heißt das auch, Sie möchten kopiert werden?
Kath: Ich möchte stilbildend sein, aber keine Vorlage für Billigprodukte bieten. Tatsächlich nehmen die Kopien mit wachsendem Erfolg überhand, gerade von Firmen aus Indien. Leider wird dann nicht nur bei den Ideen gespart, sondern auch bei den Arbeitsbedingungen. Auch bei Teppichen, die ein großer schwedischer Möbelkonzern verkauft, sehe ich Sachen, die bei uns erfunden wurden. Das ist schon ärgerlich.
Können Sie sich gegen Kopien schützen?
Kath: Das ist schwierig. Es muss nur ein Bruchteil des Designs verändert werden, damit die Kopie legal ist. Legitim wird das Vorgehen dadurch aber nicht. Wir können also nur reagieren, indem wir kreativer, schneller und besser sind.