Datteln. . Im Uniper-Kohlekraftwerk in Datteln läuft bereits der Probetrieb. Später werden in der Anlage täglich 8000 Tonnen Kohle verbrannt.
Lange Zeit sah es so aus, als könnte das Steinkohlekraftwerk in Datteln als Investitionsruine enden. Die milliardenschwere Anlage war in weiten Teilen fertig gebaut und auch der 178 Meter hohe Kühlturm stand schon, als vor acht Jahren eine Gerichtsentscheidung für Stillstand sorgte. 2011 sollte das Kraftwerk ursprünglich ans Netz gehen. Nun läuft es auf das nächste Jahr hinaus. Dass sich etwas tut in Datteln, ist auch für Außenstehende zu sehen. Seit ein paar Wochen steigen stetig Schwaden von Wasserdampf aus dem Kühlturm auf.
„Vor wenigen Tagen haben wir das erste Kohlefeuer entfacht“, erzählt Ingo Telöken. Der Ingenieur ist seit Anfang des Jahres für den Düsseldorfer Energiekonzern Uniper als Baustellen-Leiter tätig. Bislang laufe das Hochfahren nahezu reibungslos, berichtet er. Die Anlage sei in den vergangenen Jahren „erfolgreich konserviert“ worden. Um die Geräte vor Rost zu schützen, hatten im Kraftwerkskomplex jahrelang Raumentfeuchter gesurrt. Die Turbine musste gelegentlich behutsam gedreht werden, damit sie sich nicht verformt.
„Das Kraftwerk ist praktisch fertig“
Die Zeit des Wartens ist jetzt vorbei. „Mit der vorhandenen Genehmigung können wir das Kraftwerk in Betrieb nehmen“, sagt Uniper-Manager Sebastian Veit. Erste Kohleschiffe waren schon da. Auch die Wasseraufbereitung ist in Betrieb. Dabei wird Wasser aus dem benachbarten Dortmund-Ems-Kanal gezogen und gereinigt, um Dampf zu erzeugen, der die Turbine antreibt. „Das Kraftwerk ist praktisch fertig“, erklärt Ingo Telöken. „Derzeit läuft die Endmontage, für die noch knapp 800 Mitarbeiter auf der Baustelle tätig sind.“
Der offizielle Start des Kraftwerks rückt näher. Das Ende des Probebetriebs ist nach Angaben der früheren Eon-Tochter Uniper für das Ende des ersten Halbjahres 2018 vorgesehen. Dann soll auch der kommerzielle Betrieb beginnen. Rund 8000 Tonnen Kohle will Uniper dann täglich verfeuern. Der Rohstoff aus dem Ausland gelange im Wesentlichen über den Hafen Rotterdam nach Datteln. Das Kohlelager hat eine Kapazität von etwa 180 000 Tonnen. Mehr als 12 000 Tonnen Kohle befinden sich bereits auf dem Lagerplatz.
Konzern musste für Genehmigung umbauen
Jahrelang waren in Sachen Datteln nicht die Kraftwerksbauer, sondern die Juristen gefragt. Nachdem im Jahr 2009 die Bauarbeiten per Gerichtsbeschluss gestoppt worden waren, lief ein komplexes Genehmigungsverfahren. Der Konzern musste einige Bereiche des Kraftwerks umbauen, um Auflagen zu erfüllen. Das Kohlelager ist jetzt kleiner als zunächst geplant, es gibt eine zusätzliche Rauchgasreinigung für die Hilfskesselanlage und eine Schallschutzwand am Kühlturm. „Wir reden von zusätzlichen Investitionen, die beträchtlich sind“, sagt Telöken. Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben deutlich mehr als eine Milliarde Euro in Datteln investiert. Zu den zusätzlichen Kosten gibt Uniper keine Auskunft.
Das Kraftwerk Datteln ist in der Lage, etwa ein Viertel des bundesweiten Bahnstrom-Bedarfs zu decken und zusätzlich etwa eine Million Haushalte mit Strom zu versorgen. Große Teile der Stromproduktion sind für die Deutsche Bahn und den Essener Energiekonzern RWE vorgesehen. Außerdem kann das Kraftwerk Datteln rund 100 000 Haushalte mit Fernwärme versorgen.
Technische Lebensdauer von 40 Jahren
RWE wird auch Interesse an einem möglichen Kauf des Kraftwerks nachgesagt, sollte sich der finnische Konzern Fortum, der Uniper übernehmen will, vom Standort Datteln trennen. Auch das Uniper-Gaskraftwerk im bayerischen Irsching könnte interessant für RWE sein. „Marktgerüchte kommentieren wir nicht“, heißt es dazu lediglich in Essen.
Wenn das Kraftwerk Datteln ans Netz geht, wird es wohl ältere Anlagen vom Markt verdrängen. Es sei schließlich eines der effizientesten Kohlekraftwerke in Deutschland, sagt Uniper-Manager Veit. Er fügt aber auch hinzu: „Wir rechnen nicht damit, dass in Deutschland nochmal ein Kohlekraftwerk dieser Größenordnung gebaut wird.“ Der Abschied von der Kohleverstromung gilt in der Branche als sicher. Es geht nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wann – und das ist eine politische Frage. Ein anderes Thema ist die technische Lebensdauer des Kraftwerks. Die liegt nach Angaben von Uniper bei 40 Jahren oder mehr.