Essen. . Früher als bisher bekannt war Eon-Chef Teyssen bereit, den Energiekonzern Uniper einer möglichen feindlichen Übernahme preiszugeben.
Es ist ein brisanter Brief, der im vergangenen Juli im Büro von Uniper-Chef Klaus Schäfer am Düsseldorfer Eon-Platz 1 einging. Aus heutiger Sicht lässt das Schreiben den Rückschluss zu: Früher als bisher bekannt war Eon-Chef Johannes Teyssen bereit, Uniper einer möglichen feindlichen Übernahme preiszugeben. Bereits am 24. Juli schrieb Teyssen gemeinsam mit Eon-Finanzchef Marc Spieker in einem als persönlich und vertraulich deklarierten Brief an Uniper-Aufsichtsratschef Bernhard Reutersberg und Uniper-Vorstandschef Klaus Schäfer, dass Eon entschlossen sei, die eigene Beteiligung von knapp 47 Prozent an der ehemaligen Konzerntochter in einem Stück zu verkaufen – auch gegen den Willen des Uniper-Managements.
In dem mehrseitigen Schreiben legen Teyssen und Spieker nach Informationen unserer Redaktion detailliert dar, wie ein Zusammenschluss von Uniper mit dem finnischen Fortum-Konzern aussehen könnte. Dabei wird deutlich, dass Uniper in Fortum aufgehen sollte. So heißt es unter anderem: „Fortum hat sich konsequenterweise dazu bekannt, Uniper zu einer eigenen, fokussierten Division innerhalb des neuen Konzerns zu machen, die sich mit Hauptsitz in Düsseldorf exklusiv der Region Kontinentaleuropa und Großbritannien widmet.“ Das bisherige Uniper-Management solle dann „ein neu geformtes Management Board“ bilden, das für die Leitung dieser Division im Fortum-Konzern zuständig sei.
„Eon ist entschlossen“
Daran, dass sie es ernst meinen, lassen Teyssen und Spieker keinen Zweifel. „Eon ist entschlossen, die eigene 46,65-Prozent-Beteiligung en bloc zu veräußern und wird eine solche Transaktion unabhängig von der Unterstützung oder Ablehnung durch das Uniper-Management vorantreiben“, heißt es in dem Schreiben.
Dabei beschreibt der Eon-Vorstand den Vorstoß von Fortum als Plan für eine „freundliche Übernahme“. Im Verbund mit Fortum behalte Uniper schließlich „als Geschäft und Organisation höchste Relevanz“. Dabei war Uniper-Chef Klaus Schäfer mit dem Ziel angetreten, die Unabhängigkeit des nordrhein-westfälischen Energiekonzerns zu wahren. Er bevorzugte das Modell, die Uniper-Aktien von Eon breit gestreut an Investoren zu veräußern. Nachdem vor wenigen Wochen der Plan von Fortum zur Übernahme des Uniper-Anteils von Eon bekannt geworden war, sprach Schäfer rasch von einem „feindlichen Vorstoß“.
Schäfer, der jahrelang eng an der Seite von Teyssen gearbeitet hat, zeigte sich zugleich verärgert über das Vorgehen der Eon-Führung. Fortum habe im Juli zugesagt, die Übernahme von Uniper nur mit der Zustimmung des Düsseldorfer Managements anzubahnen, sagte Schäfer: „Das war nicht der Fall – gemeinsam mit Eon wurde eine Uniper-Übernahme im stillen Kämmerlein weiter vorangetrieben.“ Entsprechend groß scheint nun das Misstrauen bei Uniper mit Blick auf Fortum zu sein.
„Vollständige Verbindung erwogen“
Eine Eon-Sprecherin erklärte mit Blick auf das Schreiben von Teyssen und Spieker: „Dieser Brief bezieht sich auf eine Situation, die heute bekanntermaßen nicht mehr aktuell ist.“ Tatsächlich hatte Fortum-Chef Pekka Lundmark bereits vor drei Wochen eingeräumt, im Frühsommer auch „eine vollständige Verbindung von Uniper und Fortum“ erwogen zu haben – und hinzugefügt: „Wir respektieren es, dass die Führung von Uniper solche Pläne ablehnte.“ Lundmark rief nun eine „enge Kooperation“ zwischen Fortum und Uniper als Ziel aus.
Wie eine solche Kooperation aussehen könnte, dazu gibt es allerdings unterschiedliche Bewertungen. Die Gewerkschaft Verdi befürchtet jedenfalls eine Zerschlagung von Uniper durch Fortum. „Dies könnte den Verlust von mehr als 1000 Arbeitsplätzen bedeuten“, sagte Verdi-Konzernbetreuer Immo Schlepper. Uniper beschäftigt rund 13 000 Menschen, davon 5000 in Deutschland. Auch Aktivitäten des Essener Traditionskonzerns Ruhrgas sind in Uniper aufgegangen. Nach Einschätzung von Verdi passen weite Teile von Uniper nicht zur Strategie von Fortum – insbesondere die Gas- und Kohlekraftwerke sowie der Energiehandel. „Lediglich die Wasserkraft und die Kernenergie in Schweden fügen sich gut ins Portfolio von Fortum ein“, betonte Schlepper. Damit bestehe das Risiko, dass Fortum Geschäftsfelder von Uniper verkauft.