Essen. . Primark verkauft jetzt auch Pyjamas aus Bio-Baumwolle. Der Textildiscounter will sein soziales und ökologisches Image aufpolieren.
Die irische Textilkette Primark mischt den deutschen Einzelhandel auf. Die Papiertüten mit dem blauen Schriftzug dominieren Innenstädte von Essen, Gelsenkirchen oder Dortmund. Der Einsturz einer Textilfabrik in Bangladesch, Debatten um Schadstoffe in Kleidungsstücken und das Billigimage vermögen den Expansionsdrang des Unternehmens nicht zu bremsen. Mit zahlreichen Aktionen und Mitgliedschaften in Initiativen versucht das Unternehmen nun, sein soziales und ökologisches Profil zu schärfen.
Bei Katharine Stewart, Direktorin für ethischen Handel und ökologische Nachhaltigkeit, laufen alle Fäden zusammen.„Nachhaltigkeit beginnt bereits auf den Baumwollfeldern“, sagt Stewart im Gespräch mit dieser Zeitung. Zu ihrem Team gehören mehr als 90 Mitarbeiter, die in den elf wichtigsten Produktionsländern Primarks – vor allem in Südost-Asien – tätig sind. Dort wird die Primark-Mode genäht. „Die größte Bedeutung für uns hat China. Dort sind wir mit knapp 40 Leuten vor Ort vertreten“, so Stewart.
Löhne in Textilfabriken verbessern
Der Konzern arbeite mit zahlreichen Nichtregierungsorganisationen zusammen, „um über den eigenen Einflussbereich hinaus Fortschritt zu bewirken“, wie Stewart meint. „Wir wollen vor Ort proaktiv tätig werden.“ Bereits seit 2006 gehört Primark zur Ethical Trading Initiative (ETI), die sich an den Standards der Internationalen Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen orientiert. Darüber hinaus zählen die Iren zu den Gründungsmitgliedern von ACT. Die Vereinigung internationaler Hersteller, Händler und der Gewerkschaft IndustriALL hat sich zum Ziel gesetzt, die Löhne in den Textilfabriken zu verbessern.
Nach dem Einsturz der Fabrik von Rana Plaza 2013 in Bangladesch, in Folge dessen 1135 Menschen starben und 2438 verletzt wurden, schloss sich Primark erst im März 2016 dem von Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) ins Leben gerufenen Bündnis für nachhaltige Textilien an. An der Initiative wirken 150 Vertreter aus Bundesregierung, Wirtschaft, Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften mit, um soziale, ökologische und ökonomische Verbesserungen zu erreichen.
Den Einsatz von Chemie vermeiden
„Wir traten dem Textilbündnis 2016 bei, als wir soweit waren, eine aktive Rolle in der Organisation einzunehmen. In diesem Jahr beginnen aber alle Mitglieder damit, die gesetzten Ziele umzusetzen“, sagt Stewart. „Als eines der ersten Unternehmen haben wir freiwillig unseren Maßnahmenplan veröffentlicht“, betont die Primark-Managerin. „Durch die Zusammenarbeit mit Initiativen, die sich für die Reduktion von Chemikalien bei der Herstellung von Textilien einsetzen, wollen wir letztlich nicht nur eine Verminderung erreichen, sondern zugleich die generelle Produktion von Chemikalien begrenzen“, sagt Stewart.
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Zum Maßnahmenpaket gehört auch die Schulung von Baumwollbäuerinnen in Indien. „Seit 2013 haben wir bereits mehr als 5000 Kleinbäuerinnen Wege aufgezeigt, wie sie zum Beispiel durch einen reduzierten Einsatz von Wasser, chemischen Pflanzenschutzmitteln beziehungsweise Dünger die Baumwollqualität und damit auch ihr Einkommen verbessern können – im Durchschnitt sogar mehr als 200 Prozent“, erläutert Stewart. 10 000 Bäuerinnen sind das Ziel.
Effiziente Verwaltung und kaum Werbung
Bislang lässt der Konzern die nachhaltig produzierte Baumwolle ausschließlich in Damen-Pyjamas verarbeiten, die bei Primark besonders gut laufen. Das Set kostet ebenso sieben Euro wie vergleichbare Schlafanzüge aus konventioneller Baumwolle. Stewart verteidigt die Preispolitik. „Wir kaufen die nachhaltige Baumwolle und speisen sie in die Lieferkette ein. Davon sollen die Bäuerinnen, aber auch unsere Kunden profitieren.“
Primark propagiert hohe Standards, lockt aber gleichzeitig die Kunden mit extrem niedrigen Preisen. Die Managerin sieht darin keinen Widerspruch. „Wir versuchen, so effizient wie möglich zu arbeiten und die Verwaltungskosten so gering wie möglich zu halten. Zudem verzichten wir fast komplett auf Werbung“, betont Stewart.
Kritik an „Wegwerfartikeln“
„Primark hat viel für Nachhaltigkeit getan. Das muss man schon ernst nehmen. Die Frage ist nur, ob all die Handlungen überprüfbar sind“, sagt Christiane Schnura, Koordinatorin der „Kampagne für saubere Kleidung“. So sei schwer nachzuweisen, dass trotz aller Anstrengungen in den Fabriken Asiens tatsächlich existenzsichernde Löhne gezahlt werden.
Trotz des sozialen und ökologischen Engagements von Primark blickt die „Kampagne“ weiter kritisch auf die irische Kette. „Primark ist eine Paradebeispiel für ,fast fashion’. Kleidung wird hier aufgrund des sehr niedrigen Preises zum Wegwerfartikel“, sagt Schnura. Auch die geringe Zahl von Umkleidekabinen in den Filialen deute darauf hin, dass Primark die jungen Kunden zum schnellen Kauf animieren wolle. Schnura: „Bei Primark wird Kleidung vom Gebrauchs- zum Verbrauchsartikel. Das ist unser Hauptvorwurf.“
Primark ohne Onlineshop
Entgegen dem Trend will Primark auch in Zukunft ohne einen Onlineshop auskommen. „Wir setzen auf das Einkaufserlebnis in den Filialen“, sagt Managerin Stewart.
In Essen hat Primark nicht nur eine Filiale. Hier sitzt auch die Deutschlandzentrale. In Europa und den USA gehören mehr als 290 Standorte zum Filialnetz.