Wenden. . Benziner, Diesel oder Strom – womit werden in Zukunft Motoren angetrieben? Prof. Henning Zoz über seine Vision über Wasserstoff in der Mobilität.

Benziner, Diesel oder Strom? Womit werden in Zukunft Motoren angetrieben? Und was ist eigentlich aus der Idee geworden, Brennstoffzellen einzusetzen. Die WESTFALENPOST sprach darüber mit Professor Henning Zoz aus Wenden, Maschinenbauer und Nanoingenieur, der dem Wasserstoff in der Mobilität zum Durchbruch verhelfen will.

Warum setzen Sie auf Wasserstoff beim Elektro-Antrieb?

Professor Henning Zoz: Zunächst sollte man festhalten, dass nach jetzigem Kenntnisstand der Elektroantrieb gegenüber dem Wärmekraftmaschinenantrieb (u.a. Otto- und Dieselmotor/Red.) technologisch zu bevorzugen ist. Und man wundert sich ja wirklich, warum wir nicht zum Beispiel sämtliche Müllautos seit Jahrzehnten mindestens mit Hybridantrieben ausstatten. Der Elektromotor bietet 100 Prozent Drehmoment sofort, kaum Mechanik, vergleichsweise keine Verschleißteile und keine Schmierstoffe, was sich insbesondere bei tonnenschweren Müllautos im Stop-and-Go-Betrieb ganz schnell auszahlen sollte. Für mich ist es nicht nachvollziehbar, dass wir das bei Gabelstaplern seit ewigen Zeiten beherrschen und in anderen Bereichen nicht.

Sicher hätte auch niemand etwas gegen eine leise Müllabfuhr einzuwenden. Dann muss man klarstellen, dass im Falle eines Batterieautos wie auch eines Wasserstoffautos der gleiche Elektromotor elektrische Energie in gewünschte Bewegungsenergie umsetzt.

Es gibt keine Pauschallösung. Kurzstrecke werden wir mit Batterie und Mittel- und Langstrecke mit Wasserstoffantrieb bewältigen. Immer vorausgesetzt, dass wir morgen nicht etwas ganz Neues erfinden. Und morgen wird das eben auch noch nicht alles fertig sein.

Stand heute ist doch die Gesamtbilanz zum Beispiel eines Batterie- oder Wasserstoffautos sicherlich um Welten schlechter als die eines konventionellen Fahrzeuges. Diese These muss bereits deswegen zutreffen, weil der Verbrennungsmotor als solches wohl die ausgereifteste und genialste Maschine sein dürfte, die die Menschheit je hervorgebracht hat. Und auf jeden Fall ist es auch unsere Pflicht, auch diese Technologie noch weiter zu verbessern. Wenn ich nun im Vergleich zu millionenfach per Massenproduktion hergestellten konventionellen Fahrzeugen mit ein paar wenigen Batterie- oder Wasserstoff-Fahrzeugen daherkomme, dann sind diese pro Einheit selbstverständlich vielfach aufwändiger herzustellen. Daran kann man nicht immer den Marktpreis, aber doch regelmäßig auf den Arbeits- und Materialaufwand schließen, und damit auch auf eine umweltrelevante Bilanz.

Batterien haben derzeit noch eine entsprechende Aufladezeit. Wie kann da geholfen werden?

Genau zu dieser kurzfristig nicht lösbaren Aufgabe entwickeln wir den Stromkoffer beziehungsweise das IronBird. Hier werden in einem überschaubar kleinen Energiepack sechs Stück unserer Wasserstoff-Feststoffspeichertanks als Energiespeicher genutzt, und diese kann ich bei Bedarf binnen weniger Sekunden „leer gegen voll“ austauschen. Das könnte zum Beispiel an einem Flaschenautomaten in jedem Baumarkt geschehen, und wir wurden bereits im Jahr 2013 mit unserem Infrastrukturkonzept „Power to Gas to Fuel“ (P2G2F) für den Deutschen Umweltpreis nominiert. Bekommen haben wir den aber seinerzeit nicht.

Dieser Stromkoffer kann quasi in jedem Kofferraum eines Batterieautos mitgeführt werden und es kann diese Batterie ständig durch über Wasserstoff generierten Strom nachgeladen werden. Stand heute fehlt uns zur Wirtschaftlichkeit nur noch die kostengünstige Brennstoffzelle, die wir seit anderthalb Jahren mit guten Partnern in dem Gemeinschaftsprojekt Locopem versuchen zu entwickeln. Der Stromkoffer stellt insofern nicht die Zukunft, sondern eine Brücke in die Zukunft dar, um kurze Strecken ohne signifikante Ladezeiten überwinden zu können. Brückentechnologien sind wir im Energiebereich gewohnt. Der Stromkoffer käme heute eher einem Reservekanister als einem Kraftwerk gleich.

2020 sollen eine Million Elektroautos auf den Straßen fahren. Glauben Sie, dass es so kommen wird?

Nein, wird es nicht, und das habe ich ja schon bereits 2013 gesagt. Aber schön wäre das, vor allem, wenn 1000 Fahrzeuge dann zusätzlich mit unseren Stromkoffern unterwegs wären. Aber das Batterieauto kauft eben nicht der kostenbewusste Verbraucher, sondern der, der eine Überzeugung miterwerben will und auch bereit ist, dafür zusätzlich zu bezahlen. Genau solche Menschen muss ich dann finden und davon überzeugen, im Falle des Stromkoffers nochmal geplante 10 000 Euro mehr auszugeben, um dann weiter und netzunabhängig und durchaus auch cooler mit Wasserstoff zu fahren.

Geht von Wasserstoff eine Gefahr aus?

Immer, wenn wir mit Technologie umgehen, gibt es Gefahrenpotenzial, aber das liegt im Vergleich zu Benzin in einem unkritischen Bereich. Und wir stellen schließlich auch Benzinkanister sorglos in die Garage, fahren mit einer Explosionskapsel, dem Airbag, vor der Nase tagtäglich durch die Gegend – und genau: Wir nehmen an Transport und Verkehr teil.

Was ist das Gute am Wasserstoff?

Wasserstoff ist sauber, ungiftig und kostengünstig und lässt sich aus Wasser gewinnen. Mit einem Feststoffspeicher ist es möglich, sehr viel Wasserstoff in einem Behältnis quasi drucklos zu transportieren. Der Wasserstoff hat für längere Strecken einfach mehr Potenzial als die Batterie. Aber den Verbrennungsmotor deswegen auszurangieren, wäre absolut idiotisch. Unsere Welt ist komplett auf den Verbrennungsmotor zugeschnitten. Das kann nicht von heute auf morgen wegfallen.

Glauben Sie, dass in naher Zukunft mehr Wasserstoff-Autos auf den Straßen unterwegs sein werden ?

Viel mehr, weil es bisher nur sehr wenige gibt. Wenn es 100 gibt, wären 200 viel mehr. Brennstoffzellenfahrzeuge sind stark subventioniert, so dass eine verstärkte Nachfrage nicht unbedingt entsprechenden Nachschub zur Folge hätte – auch, wenn ich mir das wünschte. Sicher wird die Brennstoffzelle stark von einer Massenproduktion profitieren – aber auch hier bleibt der Wermutstropfen, dass hohe Kosten aufgrund des Katalysators fällig sind, und Platin wird teuer bleiben. An Ersatz wird weltweit gearbeitet.

Bleibt der Elektromotor denn die Zukunft?

Ja – der E-Motor ist die Zukunft. Und vielleicht wollen wir demnächst auch gar nicht mehr so weit fahren können, was wir heute scheinbar müssen, aber am Ende dann meist doch nicht tun.

Früher kamen wir doch auch mit geringeren Reichweiten prima klar. Wahrscheinlich fahren heute vier von fünf Fahrzeugen nur Kurzstrecke. Dafür reichte die Batterie bereits, und für Mittel- und Langstrecke gibt es Wasserstoff. Aber das alles eben nicht so bald.