Düsseldorf. Ein Einbruch in der Windkraftbranche in NRW ist absehbar, sagt Reiner Priggen, Vorsitzende des NRW-Landesverbands Erneuerbare Energien (LEE).

Die Windenergiebranche in NRW hat vor Massenentlassungen, drastischen Umsatzeinbrüchen und Ausfall von Milliarden-Investitionen gewarnt. In der Windkraftbranche drohe ab Mitte 2018 ein "schwerer Strukturbruch", wenn Bund und Land nicht schnell umsteuerten, sagte Reiner Priggen, Vorsitzender des NRW-Landesverbands Erneuerbare Energien (LEE) am Mittwoch.

Ein seit 2017 neu geltendes Ausschreibungssystem für Windenergie an Land habe in NRW bereits zu "erheblichen" Arbeitsplatzverlusten geführt. Der politische gewollte Ausbau der Windenergie und auch die Klimaschutzverpflichtungen von Paris seien so nicht zu schaffen.

Fehler laut LEE: Fast alle Windprojekte, die nun neu einen Zuschlag erhalten haben, könnten gar keine Genehmigung aufweisen und würden wohl erst nach 2020 realisiert. 2016 gingen in NRW 211 Anlagen in Betrieb, 2017 werden es nach Hochrechnungen rund 230 sein - der Zuschlag erfolgte noch nach alter Regelung.

Nur genehmigte Projekte sollten noch an Ausschreibungen teilnehmen dürfen

Ab Mitte 2018 sind es Priggen zufolge aber nur zwei Windkraftanlagen, ein Einbruch infolge des neuen "fehlerhaften Systems" sei absehbar. Nach der Bundestagswahl am Sonntag müsse die künftige Bundesregierung zügig korrigieren. Nur genehmigte Projekte sollten noch an Ausschreibungen teilnehmen dürfen.

Das umstrittene Verfahren ermögliche es einem Großanbieter, sich mit "Dumping-Preisen und rein spekulativ" Megawatt-Kapazitäten für 150 bis 170 Anlagen zu sichern, ohne auch nur für eine einzige eine Genehmigung vorlegen zu müssen, erläuterte Heinz Thier von der Projektberatung für Bürgerenergie, BB Wind.

Die NRW-Regierungspläne - angestrebt ist für Windräder künftig ein Mindestabstand von 1500 Metern zu Wohngebieten und ein Bauverbot in Wäldern - verschärften das Problem noch deutlich, beklagte Thier. Das schwarz-gelbe Kabinett hatte eingeräumt, dass der Ausbau der Windkraft mit den angestrebten Änderungen des Windenergieerlasses gebremst werde - und auf Anwohnerproteste und Akzeptanzprobleme verwiesen.

Heinz Thier widerspricht Reiner Priggen

Thier widersprach. Bislang seien mit Planung der BB-Wind in rund 30 "Bürgerwind"-Projekten - mit 2000 beteiligten Bürgern - gut 70 Windenergieanlagen gebaut worden. Weitere 50 Projekte habe man in der Pipeline. Kommen Abstandsregelung und Baustopp im Wald, drohten 80 bis 90 Prozent der bereits eingeplanten Standortflächen wegzubrechen.

Für NRW und Deutschland insgesamt sei zu befürchten, "dass wir aus der Weltspitzenklasse abstürzen."Egbert Terholsen von Enercon, einer der Weltmarktführer im Windanlagenbau, betonte in Düsseldorf, der Windenergie drohe eine "existenzielle Krise". Die Umweltorganisation BUND nannte es in einer Mitteilung "absurd", dass bei Windrädern 1500 Meter Abstand gefordert werde, beim Braunkohleabbau aber 100 Meter Distanz zu Siedlungen reichen sollten.

SPD sieht rund 18 000 Arbeitsplätze in NRW in Gefahr

Die SPD sieht rund 18 000 Arbeitsplätze in NRW in Gefahr. Schwarz-Gelb drohe "den Stecker für die Energiewende komplett zu ziehen", hatte die SPD-Fraktion kritisiert. Die Energie-Expertin der Grünen-Fraktion, Wibke Brems, forderte, der Hilferuf der Branche müsse ernstgenommen werden.

Schwarz-Gelb solle sich in Berlin für eine schnelle Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes stark machen.In Nordrhein-Westfalen erzeugen derzeit laut LEE 3447 Windkraftanlagen eine Gesamtleistung von rund 4900 Megawatt. Bei der Ökostromproduktion mit Windrädern belegt NRW bei der Gesamtleistung im Ländervergleich Platz fünf. (dpa)