Berlin. Mehr staatliche Förderung und weniger Haftungsbürden: Die Große Koalition will die Betriebsrenten in Deutschland mit einem Reformgesetz deutlich ausbauen, vor allem Geringverdiener und kleine Unternehmen sollen profitieren.
Mehr staatliche Förderung und weniger Haftungsbürden: Die Große Koalition will die Betriebsrenten in Deutschland mit einem Reformgesetz deutlich ausbauen, vor allem Geringverdiener und kleine Unternehmen sollen profitieren.
Union und SPD im Bundestag haben sich jetzt auf letzte Details verständigt, das Gesetz soll in der kommenden Woche beschlossen werden – es wird allerdings erst 2018 in Kraft treten. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) spricht schon von einem „sehr großen Gesetz, das wir dringend brauchen.“
Warum ist die Reform
überhaupt notwendig?
Die betriebliche Altersvorsorge soll eigentlich als zusätzliche Absicherung für ein ausreichendes Auskommen im Alter sorgen – neben der gesetzlichen Rente, deren Niveau langfristig sinkt, und der Riester-Rente. Das Problem: Weniger als 60 Prozent der Beschäftigten haben eine betriebliche Altersvorsorge, der Anteil sinkt. Vor allem Geringverdiener und Mitarbeiter kleinerer Unternehmen stehen oft ohne Betriebsrente da. Zwar haben Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch auf eine eigenfinanzierte betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung – Teile des Gehalts werden dann steuer- und abgabenfrei in Beiträge für eine Zusatzrente umgewandelt. Doch oft lohnt sich eine betriebliche Altersvorsorge nur, wenn der Arbeitgeber einen Zuschuss zahlt.
Wie wird jetzt gefördert?
Der Staat bietet für Arbeitnehmer mit einem Monatseinkommen bis 2000 Euro ein neues Betriebsrenten-Fördermodell an: Der Arbeitgeber bekommt 30 Prozent der von ihm gezahlten Beiträge über Steuerzuschüsse erstattet – die Höchstgrenze für die Beiträge liegt bei 480 Euro, der höchste Förderbetrag liegt also bei 144 Euro im Jahr. Ein höherer Anteil der Arbeitgeberzahlungen für die Betriebsrente soll von der Steuer freigestellt werden.
Ist die Betriebsrente bei
Sozialhilfe futsch?
Künftig nicht mehr. Für Arbeitnehmer soll es nämlich einen weiteren Anreiz zur betrieblichen Altersvorsorge geben: Wenn sie im Ruhestand Sozialhilfe beziehen müssen, wird die Betriebsrente ebenso wie die Riester-Rente in Zukunft nicht mehr voll mit der Grundsicherung verrechnet – 200 Euro bleiben anrechnungsfrei.
Was ändert sich für die Unternehmen?
Kern der Reform ist, dass Unternehmen die Höhe der Betriebsrente nicht mehr garantieren müssen. Eine solche Garantie hatte wegen des Haftungsrisikos vor allem viele kleine Unternehmen davon abgehalten, Betriebsrenten anzubieten. Gerade in Zeiten von Niedrigzinsen fürchten sie, auf den einmal gegebenen Garantien sitzen zu bleiben und Geld nachschießen zu müssen. Im Gegenzug für die Enthaftung müssen sich Gewerkschaften und Arbeitgeber im Tarifvertrag auf ein neues Sozialpartnermodell verständigen: Die Unternehmen müssen die betriebliche Altersvorsorge ganzen Belegschaften anbieten.
Warum gab es noch Streit?
Die CSU hatte sich auf die Seite der Versicherungswirtschaft geschlagen, die befürchtet, das künftige Garantieverbot werde auf ihre Kosten gehen. Die Garantierente gehört zu ihren wichtigsten Werbeargumenten – im Sozialpartnermodell gäbe es dagegen keine garantierte Rentenhöhe. Am Ende rückte die CSU aber von ihrem Widerstand ab. Die abschließende Verständigung muss jetzt noch in einen Gesetzestext einfließen – den endgültigen Entwurf will die Koalition deshalb erst Anfang kommender Woche präsentieren. Die Arbeitgeber stehen hinter dem neuen Modell: Für die freiwillige soziale Leistung müssen die Unternehmen in den Bilanzen keine Rücklagen bilden. „Das wird mehr Unternehmen dazu bewegen, ihren Beschäftigten eine betriebliche Altersversorgung anzubieten“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, Oliver Zander.