Essen. . Letzte Hauptversammlung für Klaus Engel als Chef von Evonik. Sein Nachfolger Christian Kullmann hielt sich zurück.

An diesem Tag gehörte die Bühne noch einmal Klaus Engel. Bei seinem letzten Auftritt als Evonik-Chef war er es, der sämtliche Fragen aus dem Kreis der Aktionäre beantworten durfte. Sein Nachfolger saß zwar auch schon auf dem Podium in der Essener Grugahalle, aber Christian Kullmann hielt sich zurück. Eine Wortmeldung des künftigen Konzernchefs sah die Hauptversammlungsregie nicht vor.

Engel ließ den Namen Kullmann in seiner Abschiedsrede unerwähnt, was angesichts der langjährigen Zusammenarbeit durchaus auffällig war. Er beließ es bei der Bemerkung, Evonik sei gut gerüstet für die kommenden Jahre – versehen mit dem Hinweis: „Deswegen kann ich Evonik zuversichtlich in die Hände meines Nachfolgers übergeben.“ Die Aktionäre fragten auch nicht weiter nach, was Kullmann mit dem Konzern vorhabe.

Neuer Chef Kullmann soll weitere Unternehmen kaufen

Aufsichtsratschef Werner Müller hatte zu diesem Zeitpunkt längst seine Erwartungen formuliert. Weitere Firmenzukäufe gehören gewissermaßen fest zum Arbeitsauftrag des neuen Managers an der Konzernspitze.

Unter der Führung von Klaus Engel war Evonik bereits in den USA auf Einkaufstour gegangen. Mit der Übernahme von Teilen der Konzerne Air Products und J.M. Huber will sich Evonik breiter aufstellen, internationaler werden und die Abhängigkeit vom Geschäft mit Zusatzstoffen für die Tiernahrung verringern. Die US-Unternehmen stellen unter anderem Produkte her, die in Klebstoffen, Autolacken und Zahnpasta zum Einsatz kommen.

Kritische Fragen zu Borussia Dortmund

In der Chemieindustrie ist derzeit viel in Bewegung. Zu Wochenbeginn wurde bekannt, dass die Chemiekonzerne Clariant aus der Schweiz und Huntsman aus den USA fusionieren. Innerhalb kurzer Zeit zeichnet sich damit die zweite milliardenschwere Großfusion ab: Unlängst war der Pflanzenschutzspezialist Syngenta durch den Staatskonzern Chemchina übernommen worden. Evonik-Chef Engel sagte vor den Aktionären in Essen, er rechne mit weiteren Zusammenschlüssen in der Branche.

In Engels Zeit an der Konzernspitze fällt auch der Einstieg von Evonik bei Borussia Dortmund. Nach kritischen Fragen eines Aktionärs aus Köln verteidigte Engel das finanzielle Engagement des Chemiekonzerns beim Fußball-Bundesligisten. Insbesondere auf dem wichtigen asiatischen Markt sei die Partnerschaft mit dem BVB hilfreich, betonte Engel. In Shanghai und Peking werde abends das Spitzenspiel der Bundesliga live übertragen, und oft sei Evonik dabei als Trikotsponsor sichtbar.

Umbruch in Vorstand und Aufsichtsrat

In der Saison 2016/17 ließ sich der Chemiekonzern seinen Einsatz bei Borussia Dortmund 16,2 Millionen Euro kosten. Zehn Jahre zuvor waren es noch 7,25 Millionen Euro. Zusätzlich ist Evonik noch mit 15 Prozent der Anteile an der Borussia beteiligt und damit größter Einzelaktionär.

Mit dem Abgang von Engel steht Evonik vor einem personellen Umbruch. Ralph Sven Kaufmann (51), bislang für das Tagesgeschäft zuständig, wird den Konzern Ende Juni verlassen. Als neuer stellvertretender Vorstandsvorsitzender mit der Zuständigkeit für Chemie und Innovation wechselt im September Harald Schwager (56) vom Chemieriesen BASF zu Evonik. Auch im Aufsichtsrat gibt es Veränderungen: Linde-Vorstandschef Aldo Belloni tritt in dem Evonik-Gremium die Nachfolge von Haniel-Chef Stephan Gemkow an.