Essen/Rheda-Wiedenbrück. . Nach jahrelangem Streit teilen sich Clemens Tönnies und sein Neffe Robert die Macht im Konzern – und läuten den Generationswechsel ein.

Mit seinen Schalkern lief es im Fußball zuletzt nicht so gut. Dafür konnte Clemens Tönnies (60) gestern einen Erfolg in seinem westfälischen Fleischimperium vermelden: Nach sechs Jahren ist das Kriegsbeil im Dauerzwist mit seinem Neffen Robert (38) begraben und der Generationswechsel an der Spitze des Konzerns eingeleitet: Maximilian (26), Sohn von Clemens Tönnies, tritt in die erste Reihe der Firma.

Damit zieht die Familie aus Rheda-Wiedenbrück einen Schlussstrich unter eine ganze Reihe von Gerichtsverfahren, die sich über Jahre hingezogen hatten und dem Fleischkonzern immer wieder negative Schlagzeilen beschert hatten. Im Kern ging es bei dem Streit – wie so oft in Familienunternehmen – um die Vorherrschaft im Konzern, der im vergangenen Jahr weltweit 12 500 Mitarbeiter beschäftigte, 6,35 Milliarden Euro umsetzte sowie 20,4 Millionen Schweine und fast eine halbe Million Rinder schlachtete. Gründer der Gruppe war der im Jahr 1994 gestorbenen Clemens-Bruder Bernd Tönnies.

„Alle gerichtlichen Auseinandersetzungen endgültig beigelegt“

Kurz bevor der Schalke-Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Tönnies am Donnerstagabend zum Europa-League-Spiel gegen Ajax Amsterdam nach Gelsenkirchen fuhr, setze er in Düsseldorf seine Unterschrift unter den „Friedensvertrag“, der den Familienkonzern mit der Tönnies-Gruppe und der Zur-Mühlen-Gruppe völlig neu ordnet. Damit seien „alle gerichtlichen und sonstigen Auseinandersetzungen unter den Tönnies-Gesellschaftern endgültig beigelegt“, heißt es in einer am Freitag verbreiteten Presseerklärung. In dem notariellen Vertrag ist besiegelt, dass die „Gesellschafterstämme“ Clemens und Robert „gleichberechtigt“ an der Tönnies Holding beteiligt sind, die sie zusammen mit zwei weiteren Geschäftsführern leiten.

Der Holdingspitze steht ein Beirat mit „weiteren Unternehmenspersönlichkeiten“ zur Seite, die beratend, in Pattsituationen aber auch schlichtend tätig sein sollen. Eine Zustimmung der Kartellbehörden steht nach Angaben der Firma noch aus.

Clemens Tönnies: „Das hat wehgetan.“

Robert Tönnies lässt am Freitag offen, ob er auch einen der vier Geschäftsführer-Posten in der Holding, die beide Seiten paritätisch besetzen, persönlich beanspruchen wird. Zuletzt hatte er keine Führungsaufgaben im Unternehmen inne.

„Das ist heute ein guter Tag. Wir haben gestern die Tinte trocken bekommen“, sagt Clemens Tönnies am Vormittag bei einer Pressekonferenz. Trotz der Viertelfinal-Niederlage des FC Schalke 04, dessen Aufsichtsratsvorsitzender er ist, zeigt sich der Unternehmer gut gelaunt und erleichtert. Clemens Tönnies bezeichnet die vergangenen sechs Jahre als Zeit voller Misstrauen und Differenzen. „Das hat wehgetan“, bekennt der 60-Jährige.

Vorwurf des Schattenreichs

Obwohl öffentlich keine Worte der Entschuldigung fallen, bedankt sich Robert Tönnies bei seinem Onkel: „Zusammen mit der Geschäftsleitung hast Du das Unternehmen nach vorne gebracht.“ Vor wenigen Wochen waren noch ganz andere Töne aus dem Hause Tönnies zu hören gewesen. Vor dem Landgericht Bielefeld und dem Oberlandesgericht in Hamm trugen die Verwandten und ihre Anwälte den Zwist lauthals aus. Beobachter berichten, dass es dabei oftmals auch unter die Gürtellinie ging.

Robert Tönnies hatte seinem Onkel immer wieder vorgeworfen, ihn übervorteilt und mit Privatgeschäften ein Schattenreich aufgebaut zu haben. Damit meinte er auch die „Zur Mühlen Gruppe“, die Wurstprodukte der Marken „Böklunder“, „Redlefsen“ und „Gutfried“ vertreibt. Die Firma mit 3000 Mitarbeitern erwirtschaftete zuletzt einen Umsatz von 700 Millionen Euro. Was die Streithähne am Ende zum Friedensschluss trieb, bleibt weiter unklar.