Frankfurt. Der Autobauer PSA soll Opel von General Motors übernehmen. Der deutsche Hersteller muss sich auf einen strammen Sanierungskurs einstellen.
Der französische Autokonzern PSA kauft Opel und will den verlustreichen deutschen Hersteller bis 2020 wieder profitabel machen. PSA verständigte sich mit der Opel-Mutter General Motors (GM) auf einen Preis von 1,3 Milliarden Euro, wie die beiden Unternehmen am Montag in Paris mitteilten. "Das gibt uns die Gelegenheit, ein echter europäischer Auto-Champion zu werden", meinte PSA-Chef Carlos Tavares. Der französische Konzern mit seinen bisherigen Marken Peugeot, Citroën und DS steigt mit dem Kauf zur Nummer zwei auf dem europäischen Markt hinter der VW-Gruppe auf. Weltweit wären PSA und Opel/Vauxhall im vergangenen Jahr zusammen auf rund 4,1 Millionen verkaufte Pkw und leichte Nutzfahrzeuge gekommen.
Neben dem Automobilgeschäft erwirbt PSA in einem Joint Venture mit der Großbank BNP Paribas auch das europäische Finanzierungsgeschäft GM Financial, dieses wird mit 0,9 Milliarden Euro bewertet. Das gesamte Transaktionsvolumen liegt damit bei 2,2 Milliarden Euro.
Geschäft soll bis Ende des Jahres abgeschlossen werden
"Wir sind zuversichtlich, dass der Turnaround von Opel/Vauxhall mit unserer Unterstützung deutlich beschleunigt wird", erklärte PSA-Chef Carlos Tavares. "Gleichzeitig respektieren wir die Verpflichtungen, die GM gegenüber den Mitarbeitern von Opel/Vauxhall eingegangen ist".
Das Geschäft soll bis Ende des Jahres unter Dach und Fach sein, auch die Wettbewerbsbehörden müssen noch zustimmen. Die Bundesregierung und die Bundesländer mit Opel-Standorten pochten bei den weiteren Schritten auf Transparenz und Mitsprache der Arbeitnehmer-Vertreter. "Die Verträge müssen intensiv geprüft werden, insbesondere von den Vertretern der Arbeitnehmer", erklärten Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) und die Regierungschefs von Rheinland Pfalz, Hessen und Thüringen. Bei PSA steht im Mai eine außerordentliche Hauptversammlung zu der beschlossenen Opel-Übernahme an.
"Opel/Vauxhall wird auch weiterhin von den Urheberrechtslizenzen von GM profitieren, bis die Fahrzeuge in den kommenden Jahren nach und nach auf PSA-Plattformen gebaut werden", teilten die Unternehmen mit. GM behält einen großen Teil der Pensionsverpflichtungen in seiner Bilanz. Verpflichtungen im Wert von 3 Milliarden Euro werden an PSA übertragen, dies wird aber vollständig von GM finanziert. Ein Teil des Kaufpreises wird auch mit Optionsscheinen auf PSA-Aktionen im Wert von 0,65 Milliarden Euro bezahlt.
PSA-Chef wirbt für Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften
Der Chef des französischen Autokonzerns PSA gibt bei der Übernahme von Opel kein Versprechen, alle Fabriken zu erhalten. "Das einzige, was uns beschützt, ist Leistung", sagte Carlos Tavares am Montag bei einer Pressekonferenz am Montag in Paris auf die Frage, ob alle Standorte erhalten blieben. "Zusammen können wir besser werden." Wenn man der Beste sei, sei man auch geschützt."
In einer Telefonkonferenz für Analysten sagte Tavares mit Blick auf befürchtete Werksschließungen: "Wir vertrauen Menschen und ihrer Fähigkeit, sich zu verbessern." Er sei sicher, dass es in den Fabriken von Opel und Vauxhall viel Effizienzpotenzial gebe. "In der Autoindustrie gibt es das Schließen von Werken. Aber es ist in gewisser Weise eine allzu einfache Art, auf die Dinge zu schauen." Er sei sicher, "dass die deutschen und britischen Fabriken am Ende nicht weniger effizient sein wollen als die französischen Fabriken".
Tavares warb auch für eine konstruktive Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften. "Wir müssen vorgefasste Meinungen aufgeben. Wir kämpfen nicht mit den Gewerkschaften, das ist nicht unser Plan. Ein Unternehmen, das seit zehn Jahren in den roten Zahlen ist, (...) stellt natürlich ein Problem dar, das gelöst werden muss", betonte er. "Und ich denke, dass Gewerkschaftsführer weise sind und verstehen, dass die aktuelle Situation nicht tragfähig ist."
Für Opel-Chef Neumann ist es ein "historischer Tag für Opel"
Die Übernahme von Opel durch PSA verschafft dem Rüsselsheimer Autobauer nach Einschätzung von Opel-Chef Karl-Thomas Neumann neue Wachstumschancen. "Aus der heutigen Ankündigung entsteht die Chance, einen wirklichen europäischen Champion zu schaffen", betonte Neumann am Montag in einer Botschaft an die Opel-Mitarbeiter. "Fast 17 Prozent gemeinsamer Marktanteil - das bedeutet Rang zwei in Europa. Wir würden von der neuen Größe profitieren, aber auch von einer gemeinsamen Fahrzeugentwicklung und der Stärke zweier Unternehmen mit hoch motivierten und hoch qualifizierten Mitarbeitern."
"Heute ist ein historischer Tag für Opel und Vauxhall", befand Neumann. Opel werde nach Abschluss der Transaktion "ein integraler Teil der PSA-Gruppe". PSA-Chef Carlos Tavares sagte, dass Neumann als Opel-Chef weitermachen solle. Er lobte dessen "exzellente Arbeit". Opel und PSA hätten bereits in den vergangenen Jahren gezeigt, dass sie erfolgreich zusammenarbeiten könnten "und dass aus dieser Teamarbeit fantastische Autos entstehen", meinte Neumann. "Das ist ein sehr gutes Zeichen für die Zukunft."
Deutsche Opel-Beschäftigten haben noch bis Ende 2018 Kündigungsschutz
Bei einer Opel-Übernahme durch PSA wird mittelfristig ein Jobabbau befürchtet. Die rund 19 000 deutschen Opel-Beschäftigten sind noch bis Ende 2018 vor betriebsbedingten Kündigungen geschützt. Zudem hat sich die Noch-Mutter General Motors bis ins Jahr 2020 tarifvertraglich zu Investitionen und Produktion in den drei deutschen Opel-Werken Rüsselsheim, Kaiserslautern und Eisenach verpflichtet. Opel hat derzeit gut 38 000 Mitarbeiter in sieben europäischen Ländern.
Der Opel-Betriebsrat macht seine Zustimmung zum Verkauf der GM-Tochter an Peugeot von einem Zukunftsplan abhängig. Die Arbeitnehmervertretung und die IG Metall forderten die Vertragsparteien am Montag zu Verhandlungen auf, um die Eigenständigkeit der Marken Opel und Vauxhall zu sichern und das Unternehmen erfolgreich in die Zukunft zu führen. Ein Schlüssel dazu könnten Skaleneffekten zur Steigerung der Profitablität durch die gemeinsame Nutzung von Fahrzeugplattformen sein.
PSA-Chef Carlos Tavares hatte zugesagt, Opel als deutsches Unternehmen zu erhalten. Er hatte aber zugleich angekündigt, Opel müsse sich im Fall einer Übernahme durch PSA weitgehend aus eigener Kraft sanieren.
PSA hat harten Sanierungskurs hinter sich
Nach jahrelang roten Zahlen soll Opel im PSA-Konzern bis 2020 profitabel werden. Dafür soll es einen Drei-Jahres-Plan geben. "Wir streben eine strukturelle und dauerhafte Verbesserung an", sagte PSA-Finanzchef Jean-Baptiste de Chatillon am Montag am Rande einer Pressekonferenz seines Unternehmens in Paris. Da der Verkauf von Opel erst Ende des Jahres abgeschlossen werde, greife der Plan von 2018 an. Er müsse vom Opel-Management selbst kommen. De Chatillon unterstrich, dass ein Unternehmen profitabel sein müsse.
Opel-Modelle im Wandel der Zeit
Opel schreibt seit Jahren rote Zahlen, im vergangenen Jahr stand die GM-Europasparte operativ 257 Millionen Dollar (241 Mio Euro) in den Miesen. PSA dagegen machte unter dem Strich einen satten Gewinn von 1,7 Milliarden Euro. PSA war selbst in den vergangenen Jahren mit einem harten Sanierungskurs und Stellenabbau in die schwarzen Zahlen zurückgekehrt. (dpa)