Düsseldorf/Hemer. . Grohe setzt auf Toiletten, die sich für verschiedene Benutzer programmieren lassen. Interview mit Grohe-Vorstandsvorsitzender Michael Rauterkus.
- Die Grohe AG, Weltmarktführer bei Sanitärarmaturen, setzt auch im Bad auf das Thema Digitalisierung
- Mit dieser Technik lässt sich die Toilette für verschiedene Benutzer programmieren
- Interview mit Grohe-Vorstand im Vorfeld der Leitmesse ISH für Baddesign, Energie- und Klimatechnik in Frankfurt
Die Grohe AG aus Hemer ist Weltmarktführer bei Sanitärarmaturen. Seit drei Jahren gehört das Unternehmen zum japanischen Lixil-Konzern. Der Grohe Vorstandsvorsitzende Michael Rauterkus spricht darüber, was sich seitdem verändert hat. Welche Bedeutung die kürzlich vergebenen Auszeichnungen als nachhaltiges Unternehmen bedeuten, wohin die Reise im Bad im Zeitalter der Digitalisierung geht und was Grohe auf der ISH, der weltgrößten Leitmesse für Baddesign, Energie- und Klimatechnik in Frankfurt zeigen wird.
Sie haben das Ziel ausgegeben, 2020 das weltweit nachhaltigste Unternehmen Ihrer Branche zu sein. Klappt das?
Michael Rauterkus: Nein.
Wieso nicht?
Rauterkus: Es ist ja schon passiert. Die Bundesregierung hat entschieden und uns im Januar den Nachhaltigkeitspreis CSR verliehen (lacht).
Helfen Preise für Nachhaltigkeit dem Grohe-Image beim Kunden?
Rauterkus: Ja, wir wollen heute auch den Endkunden direkter ansprechen. Aber darum geht es nicht allein. Wir haben dieses Ziel auch für unsere Mitarbeiter ausgegeben.
Inwiefern ist das wichtig für eine Belegschaft?
Rauterkus: Für die Motivation im Betrieb. Und wenn wir neue Mitarbeiter suchen, ist das in jedem zweiten Gespräch Thema. Die Leute suchen sich heute ihren Job nicht mehr nur danach aus, wie viel Geld sie verdienen.
Image spielt eine so große Rolle?
Rauterkus: Ja, viele wollen bei einem Unternehmen sein, das etwas Sinnvolles tut.
Die Grohe AG engagiert sich mit Hilfsprojekten. Sie bilden in Entwicklungsländern junge Leute zu Installateuren aus. Meinen Sie dieses Engagement?
Rauterkus: Die Unterstützung und Kooperation mit Don-Bosco hat auch Vorteile für Grohe. Wir hoffen natürlich, dass dadurch die Marke Grohe auch in Afrika bekannt wird – und in Bädern verbaut wird.
Und nicht mit Hans Grohe verwechselt wird?
Rauterkus: Ja, dass ist ein bisschen wie mit den Sportartikelherstellern Adidas und Puma. Aber eher auf dem deutschen Markt.
Wie wichtig ist für die Grohe AG denn der deutsche Markt?
Rauterkus: Wichtig, wir machen hier 20 Prozent unseres Umsatzes. 80 Prozent im Ausland. Das Marktumfeld ist gerade günstig. Es wird viel gebaut. Besonders die Märkte in Süd- und Osteuropa entwickeln sich sehr gut.
Sie gehören seit 2014 zu Lixil, einem japanischen Baukonzern. Was hat das bei der Grohe AG verändert?
Rauterkus: Seitdem hat sich unser Wachstum noch einmal beschleunigt. Es gibt mit Lixil perfekte Synergien. Lixil ist ein führender Keramikhersteller, wir haben Toptechnologie bei der Herstellung von Armaturen.
Was bedeutet der Wechsel zu Lixil für deutsche Standorte?
Rauterkus: Ganz klar: eine starke Zukunft. Aber: Wir profitieren auch von der Zeit vorher bei unserem Finanz-Investor. Privat-Equity bedeutet auch „Lean“, also sehr schlanke, effektive Produktion. Wir sind gestärkt aus dieser Zeit hervorgegangen.
Die Produktivität am Standort Hemer mit 600 Beschäftigten ist bereits hoch. Wie viel Luft ist da noch?
Rauterkus: Genug. Wir entwickeln hier neue Technologien. Das ist wichtig. Und ich glaube, es ist allen Beschäftigten total bewusst, dass wir jeden Tag nach weiteren Verbesserungen suchen müssen. Das ist mittel- und langfristig die einzige Chance für Produktion in Deutschland. Von der Qualität können wir heute genauso gut in Thailand produzieren. Die Kontrolle über unser Knowhow, das aus Deutschland stammt, haben wir auch dort zu 100 Prozent.
Es gibt Unternehmen, die Deutschland langfristig nur noch als Standort für Forschung und Entwicklung sehen. Es ist doch egal, wo Sie „Blue“ produzieren, oder?
Rauterkus: Nein, das glaube ich nicht. Made in Germany ist immer noch viel wert. Es ist ein entscheidender Markenwert von Grohe. Und in Asien oder dem Mittleren Osten spielt made in Germany noch eine riesige Rolle.
Welche Innovationen aus Deutschland laufen gerade besonders gut? Und was präsentiert Grohe auf der wichtigen Frankfurter Messe ISH?
Rauterkus: Auf der ISH vom 14. März an präsentieren wir etwas ganz Neues. Das verrate ich aber noch nicht. Am besten kommen Sie vorbei. Soviel: Die Digitalisierung hält weiter Einzug auch ins Bad. Ein gutes Beispiel ist unser Dusch-WC. Hier profitieren wir übrigens sehr von Lixil als Keramikhersteller. Zur Herstellung von hochwertiger Keramik brauchen Sie viel Erfahrung. In Japan sind Dusch-WCs schon lange Standard. Mit unserer Technik können Sie beispielsweise die Toilette heute für verschiedene Benutzer programmieren. Es macht einen Unterschied, ob ein Mann oder eine Frau sie benutzt. Eigentlich sind Digitalisierung und Wasser ja Gegensätze, aber wir verbinden beides. Smart Home ist das Stichwort.
Wie beim Strom?
Rauterkus: Ja, Smart Home kann auch beim Wasser eine wichtige Rolle spielen. In Zukunft werden Sie über eine App ablesen können, wie viel Wasser im Haus wo verbraucht worden ist. Es geht nicht nur ums Wasser, auch darum, Energieverbrauch in Gebäuden zu senken. Meistens wird ja auch warmes Wasser beigemischt. Und in Zukunft wissen Sie auch, wie viel Wasser Sie getrunken haben. Oder, wann eine Kartusche möglicherweise ausgetauscht werden muss. Wir lieben analog, aber mittlerweile lieben wir auch digital.
Lohnt sich Technik wie Blue Home denn für den privaten Haushalt?
Rauterkus: Ja. Sie müssen nie mehr Kisten schleppen. Sie sparen Zeit und Geld und schonen aktiv unsere Umwelt. Die Leute kaufen es aber auch, weil es ihnen einfach besser schmeckt. Wir haben mittlerweile viele Produkte, die die Leute lieben, wenn sie sie einmal ausprobiert haben. Das gilt für Blue, aber auch für die Toilette und viele Produkte mehr. Das Wassersystem läuft vor allem in Büros besonders gut. Wir haben damit schon Gebäude eines großen Telekommunikationsunternehmens ausgestattet, auch die Europäische Zentralbank. Das rechnet sich in Frankfurt schon deshalb, weil sie enorm Raum sparen.
Welche Ziele hat die Grohe AG für die Zukunft?
Rauterkus: Wir wollen weiter wachsen. Wir sehen die Zukunft darin, Anbieter für eine Komplettlösung aus einer Hand zu werden. Dazu werden wir noch im März drei neue Grohe-Keramiklinien auf den Markt bringen.
Wird Grohe dann auch zum Keramikhersteller?
Rauterkus: Mittelfristig suchen wir nach Kooperationspartnern. Die Überlegungen reichen aber auch vom Kauf bis hin zu einem eigenen Werk, um die gesamte Wertschöpfung im Bad in unserer Hand zu haben.
Das können nur Große wie Grohe. Haben die Kleineren in der Branche langfristig noch eine Chance?
Rauterkus: Ja, es wird weiter einen exklusiven Markt geben. Aber die Anbieter werden es immer schwerer haben. Ich glaube, es wird weiter zu Konsolidierungen kommen.