Datteln/Essen. . Uniper darf das umstrittene Projekt Datteln 4 vollenden. Die Bezirksregierung genehmigt das Kohlekraftwerk. Neue Klagen zeichnen sich ab.

Lange Zeit war es still auf dem Gelände von Datteln 4. Der Eon-Konzern führte Besuchergruppen über das riesige Areal – Schulklassen, Studenten, Politiker oder Bürger aus der Region. Da waren schon große Teile des Kraftwerkskomplexes vollendet. Der 178 Meter hohe Kühlturm von Datteln 4 steht. Das Maschinengebäude war fertig gebaut, das Kesselhaus ebenfalls. Dennoch galt es zumindest als möglich, dass die milliardenschwere Anlage niemals Strom erzeugen könnte.

Nun hat die Bezirksregierung Münster nach einer jahrelangen Hängepartie entschieden, dass der Düsseldorfer Energiekonzern Uniper den 2009 gerichtlich gestoppten Bau des Steinkohlekraftwerks abschließen und die Anlage in Betrieb nehmen darf.

Mehr als 1000 Bauarbeiter auf dem Gelände

Schon heute befinden sich nach Angaben von Uniper mehr als 1000 Bauarbeiter auf dem Gelände am Dortmund-Ems-Kanal. Unter anderem müssen nun das Brennstofflager und Vorrichtungen für die Schiffsentladung gebaut oder fertiggestellt werden. „Unser Ziel ist es, möglichst bald unsere Kunden zuverlässig mit Fernwärme und Strom aus Datteln zu versorgen“, sagt Uniper-Manager Eckhardt Rümmler. Uniper, ein Ableger des Konzerns Eon, rechnet damit, dass die Anlage Mitte nächsten Jahres ans Netz gehen kann.

Eon und Uniper haben bereits mehr als eine Milliarde Euro in das Projekt gesteckt. Das Steinkohlekraftwerk kann rechnerisch Strom für rund eine Million Menschen liefern. Außerdem ist es für die Produktion von Bahnstrom und die Fernwärmeversorgung in NRW ausgelegt. Bereits im Jahr 2007 hatte Eon den Grundstein für das Kraftwerk gelegt. Im September 2009 erklärte das Oberverwaltungsgericht Münster nach Bürgerprotesten und Planungsfehlern den Bebauungsplan für ungültig. Dem Versorger wurde unter anderem vorgeworfen, die Anlage zu dicht an Wohngebieten hochgezogen zu haben.

Bahnstrom und Fernwärme

Datteln 4 ist nach Angaben von Uniper in der Lage, rund ein Viertel des gesamten Bahnstroms in Deutschland zu produzieren. Außerdem soll das Kohlekraftwerk insbesondere zur Fernwärmeversorgung im Ruhrgebiet beitragen. So ist eine neue Fernwärme-Leitung geplant, die Datteln 4 mit Recklinghausen verbindet. Von dort aus gibt es Anschluss an das Fernwärme-Netz des Ruhrgebiets.

Mit Blick auf die nun erfolgte Genehmigung der Bezirksregierung Münster zeigte sich NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) zufrieden. „Damit kann endlich das weltweit modernste Steinkohlenkraftwerk fertig gestellt werden und den Betrieb aufnehmen“, sagte Duin unserer Redaktion. „Das Kraftwerk sichert zuverlässig die Fernwärmeversorgung und kann jederzeit Strom in die Netze einspeisen, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht.“

Bund für Umwelt- und Naturschutz kündigt Klage an

Duins Ministerkollege im Umweltressort äußerte sich anders. Datteln 4 sei „keine Frage des politischen Wollens, sondern des rechtlichen Könnens“, sagte Johannes Remmel (Grüne). „Dass es gegen die Genehmigung der Bezirksregierung Münster zu Klagen kommen wird, ist sehr wahrscheinlich. Diese Fragen müssen aber vor Gericht geklärt werden.“

Tatsächlich kündigte der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) prompt nach der Entscheidung der Bezirksregierung an, erneut vor Gericht zu ziehen. Trotz höherer Auflagen für Uniper – etwa mit Blick auf den Ausstoß von Quecksilber beim Kraftwerksbetrieb – sieht der BUND weiterhin gravierende Mängel. Man werde „in aller Konsequenz gegen den Kraftwerksschwarzbau vorgehen“, kündigte der stellvertretende BUND-Landeschef Thomas Krämerkämper an.