Essen. . Der künftige US-Präsident Trump schreckt Konzerne wie Thyssen-Krupp, Eon, Innogy und Evonik nicht ab. Sie haben große Pläne für die USA.
In mexikanischen San Luis Potosi, wo sich zwischenzeitlich auch der US-Konzern Ford mit einem Autowerk ansiedeln wollte, ist Thyssen-Krupp schon lange. Seit Jahren produziert der Ruhrgebietskonzern rund 400 Kilometer von Mexiko-Stadt entfernt Teile für die Fahrzeugindustrie. Nun rückt San Luis Potosi plötzlich in den Blickpunkt. Dass Ford Pläne für eine neue Fabrik in der Niedriglohnregion aufgibt und stattdessen eine Fertigungsstätte in Flat Rock im US-Bundesstaat Michigan aufbauen will, gilt als Zugeständnis an den künftigen Präsidenten Donald Trump. Der Nachfolger von Barack Obama hatte Autoherstellern mit hohen Einfuhrzöllen gedroht.
Große nordrhein-westfälische Unternehmen wie Thyssen-Krupp beobachten die Entwicklung sehr aufmerksam. Als zweitgrößter Einzelmarkt nach Deutschland haben die USA für den Essener Industriekonzern eine zentrale Bedeutung. Allein im vergangenen Geschäftsjahr hat Thyssen-Krupp mit mehr als 21 000 Mitarbeitern in Nordamerika rund neun Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftet – davon etwa sieben Milliarden direkt in den USA. Der größte Umsatzanteil entfällt auf die Aufzugsparte, die Marktführer in Nordamerika ist. Nach der Wahl von Donald Trump zeigte sich Konzernchef Heinrich Hiesinger demonstrativ gelassen. „Wir sehen tendenziell eher Geschäftschancen durch die angekündigten Infrastruktur-Programme der neuen US-Regierung“, sagte Hiesinger. Er hoffe auf positive Effekte für Thyssen-Krupp – insbesondere im Aufzuggeschäft.
Für Bayer sind die USA der mit Abstand größte Einzelmarkt
Auch für die NRW-Konzerne Bayer und Evonik werden die USA als Wirtschaftsstandort wichtiger. Bayer aus Leverkusen plant gerade mit der Übernahme des US-Saatgutspezialisten Monsanto den größten Zukauf in der Unternehmensgeschichte. Auch der Essener Chemiekonzern Evonik setzt gezielt auf Wachstum in den Vereinigten Staaten. Eine Einkaufstour bei den US-Konzernen Air Products und JM Huber lässt sich Evonik rund 4,1 Milliarden Euro kosten.
Für Bayer sind die USA der mit Abstand größte Einzelmarkt. Der Anteil des US-Geschäfts am Konzernumsatz liegt auch ohne Monsanto schon bei rund einem Viertel. Bei Evonik stammen etwa 20 Prozent der Erlöse aus den Vereinigten Staaten. „Gerade der Ausbau unserer Handelsbeziehungen ist für den Wohlstand auf beiden Seiten des Atlantiks von entscheidender Bedeutung“, sagte Bayer-Chef Werner Baumann nach der Wahl von Trump, der durch scharfe Kritik an internationalen Handelsabkommen auffiel. Baumann mahnte, jetzt komme es darauf an, die Partnerschaft zwischen den USA und der Europäischen Union „weiter zu stärken“.
Thyssen-Krupp setzt auf Produktion in den USA
Bei Thyssen-Krupp gehört es generell zur Strategie, sich so weit wie möglich gegen Handelsbarrieren zu schützen. Der Konzern hat in den vergangenen Jahren nicht nur in den USA versucht, die Produktion und das Endkundengeschäft möglichst in das gleiche Land zu bringen. „Wenn US- und internationale Autohersteller in Mexiko produzieren, dann liefern wir aus Mexiko zu. Wenn in den USA produziert wird, liefern wir in weiten Teilen aus den USA zu“, heißt es bei Thyssen-Krupp.
Auch die beiden Essener Energiekonzerne Eon und Innogy setzen zunehmend auf den US-Markt. „Unsere aktuellen Kernmärkte liegen in Europa. Die USA sind aber ein interessanter Zukunftsmarkt für uns“, sagte Innogy-Strategiechef Frank-Detlef Drake unserer Redaktion. Perspektiven für Innogy sieht die RWE-Tochter Innogy insbesondere für Windparks in den mittleren US-Bundesstaaten.
Für Eon spielt Mexiko „keine Rolle“
Eon zählt bereits jetzt weltweit zu den größten Betreibern von Anlagen zur Produktion von erneuerbarer Energie. Diese Position basiert insbesondere auf dem US-Geschäft, wo Eon mit rund 3200 Megawatt Leistung mehr als 50 Prozent des eigenen Erneuerbaren-Portfolios betreibt – vor allem Windkraft- und Solaranlagen. „Das Geschäft dort ist stabil, unsere Stromerzeugung ist durch langfristige Lieferverträge abgesichert“, wird bei Eon betont. „Mexiko spielt bei Eon keine Rolle.“
Innogy-Manager Drake relativiert den Einfluss des US-Präsidenten mit Blick auf Investitionen im eigenen Land. „Viele Bundesstaaten haben sich für den Ausbau der erneuerbaren Energien klare Ziele gesetzt und verfolgen diese aus eigenem Interesse“, sagt Drake. „Das wird sich durch den Wechsel im Weißen Haus nicht maßgeblich ändern.“