Dortmund. Ein Schadenersatz-Streit zwischen einem Immobilienunternehmer und der Signal-Iduna-Versicherung landet am Donnerstag vor Gericht.

Es ist eine der größten Schadensersatzklagen in der jüngeren deutschen Wirtschaftsgeschichte seit der Pleite des Medienmoguls Leo Kirch vor 14 Jahren: Insgesamt 429 Millionen Euro fordert der Aachener Immobilienunternehmer Anno August Jagdfeld vom Dortmunder Versicherungskonzern Signal Iduna. Und nicht nur in finanzieller Hinsicht erreicht der seit Jahren schwelende Streit zwischen dem rheinischen Bauinvestor und der westfälischen Versicherungsgruppe mit Zweitsitz in Hamburg ungeahnte Dimensionen.

Kulisse der Auseinandersetzung, die sich in Teilen wie ein Wirtschaftskrimi liest, sind zwei der exklusivsten Luxus-Adressen in Deutschland: das Berliner Nobelhotel Adlon und das als Tagungsort des G8-Gipfeltreffens im Jahr 2007 international bekannt gewordene Grand Hotel Heiligendamm an der Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns.

Jagdfeld erscheint persönlich zum Prozess

Anno August Jagdfeld will zum Prozessauftakt am Donnerstag persönlich erscheinen.
Anno August Jagdfeld will zum Prozessauftakt am Donnerstag persönlich erscheinen. © dpa

Zum Prozessauftakt am Donnerstag vor dem Dortmunder Landgericht will Anno August Jagdfeld persönlich erscheinen. Der Gründer und langjährige Chef einer weit verzweigten Immobiliengruppe namens Fundus wird im großen Sitzungssaal des Dortmunder Justizgebäudes schweres Geschütz gegen Signal Iduna auffahren. Der 69-Jährige wirft dem Hauptsponsor von Borussia Dortmund eine „beispiellose Rufmordkampagne“ im Zusammenhang mit der Finanzierung des Adlon-Hotels vor fünf Jahren vor. So formulierte es jedenfalls ein Jagdfeld-Sprecher in einer Mitteilung, die dieser Zeitung vorliegt.

In der Folge soll es zu massiven Vermögensschäden und einer für das Unternehmen existenzbedrohenden Vertrauenskrise unter Anlegern und Banken gekommen sein. Indirekt hätten die „kreditschädigenden Falschbehauptungen“ eines damals „von Signal Iduna mandatierten Rechtsanwaltes“ sogar die Insolvenz der Nobelherberge im Ostseebad Heiligendamm ein Jahr später ausgelöst, heißt es auf Jagdfeld-Seite. Signal Iduna widerspricht vehement. „Die Vorwürfe sind haltlos. Es gibt keine einzige negative Äußerung über Herrn Jagdfeld von Signal Iduna“, sagte Konzernsprecher Edzard Bennmann dieser Zeitung. Fakt ist: Besagter Anwalt war Sprecher einer Anleger-Schutzgemeinschaft des Adlon-Immobilienfonds, der auch Signal Iduna angehörte. Bau und Betrieb der Luxusherberge am Pariser Platz wurden durch die Fundus-Gruppe finanziert, die heute als Jagdfeld-Gruppe firmiert.

Anleger verloren hohe Beiträge

Hintergrund des spektakulären Falls ist ein tiefgehendes Zerwürfnis zwischen Jagdfeld und Anlegern des Fonds. Zu den Investoren gehören neben Signal Iduna laut „Manager Magazin“ auch andere prominente Investoren wie die Unternehmerfamilien Haub (Mülheim) und Oetker. Ausschüttungen blieben jedoch aus. Anleger verloren nicht nur hohe Beträge, sondern auch die Geduld mit dem Immobilienentwickler aus NRW.

Besonders Signal Iduna brachte der freie Fall des Adlon-Papiers offenbar auf die Palme. Glaubt man Jagdfeld-Vertretern, soll der inzwischen verstorbene Fonds-Anwalt Thomas Fritsch das familiengeführte Immobilienunternehmen öffentlich verunglimpft und dem Fonds die bevorstehende Pleite attestiert haben. Daraufhin seien die Kursnotierungen abgestützt und Banken aus bereits projektierten Vorhaben ausgestiegen. Jahrelang will Jagdfeld noch versucht haben, den Zwist auf dem kleinen Dienstweg aus der Welt zu schaffen. Gesprächsangebote an Signal Iduna seien aber ins Leere gelaufen.

Verfahren könnte Jahre dauern

Jagdfeld-Juristen rechnen sich in dem nun vor Gericht ausgetragenen Millionen-Streit große Chancen aus. Die Rechtslage entspreche in etwa derjenigen im Prozess zwischen dem Medienunternehmen Kirch und der Deutschen Bank. Der Medienmacher hatte die Deutsche Bank verklagt, weil der damalige Bank-Chef Rolf Breuer in einem Interview Zweifel an der Kreditwürdigkeit Kirchs geäußert hatte. Wenige Wochen später musste die Kirch-Gruppe (ProSieben, Sat.1) Insolvenz anmelden. Kirch prozessierte jahrelang gegen das Kreditinstitut. Zwölf Jahre später endete der Streit, die Bank zahlte den Kirch-Erben 900 Millionen Euro. Leo Kirch erlebte die Genugtuung nicht mehr. Er starb 2011 mit 84 Jahren.

Auch die Anwälte von Anno August Jagdfeld stellen sich auf ein langes Verfahren ein. Aufgeben wollen sie so schnell nicht. Am Donnerstag geht es zunächst nur um Verfahrensfragen. Erst wenn die Dortmunder Richter die Rechtmäßigkeit der Klage feststellen, beginnt der Streit um die Schadenssumme.