Die Finanzierung des Satelliten-Navigationssystems ist noch nicht geklärt. Trotzdem freuen sich viele Unternehmer auf die 30 neuen Satelliten: Sie sollen Erdgasleitungen aufspüren oder Flugzeuge steuern

Essen. Das Satelliten-Navigationssystem Galileo macht derzeit Schlagzeilen, weil seine Finanzierung wackelig ist. Die Steuerzahler werden nun zur Kasse gebeten. Das Projekt soll insgesamt bis zu zwölf Milliarden Euro kosten, schrieb die Financial Times. Während heute und morgen die EU-Verkehrsminister in Luxemburg darüber beraten, wie es denn nun weitergehen soll, warten Unternehmen sehnsüchtig auf die ersten Galileo-Signale. Für die Wirtschaft eröffnen sich dadurch viele Möglichkeiten, Geld zu sparen.

Denn durch ein Satelliten-Navigationssystem erfährt nicht nur der Autofahrer, wo die Bahnhofstraße im Nachbarort ist. Auch ein Energieunternehmen kann dadurch sein vorhandenes Netz an Strom-, Öl- oder Gasleitungen besser warten und schließlich erweitern. Wenn die Firma ermittelt, wo genau ihre Leitungen entlanglaufen, wird zudem ein Bagger auf einer Baustelle kein Kabel mehr kappen. Dies geschieht heutzutage trotz Vermessungen recht häufig. "Dadurch entstehen drei Milliarden Euro Schaden im Jahr", sagt Peter Loef von Eon-Ruhrgas. Das Unternehmen ist selbst davon betroffen, es verfügt über ein 11 000 Kilometer langes Leitungsnetz in Deutschland.

Schon heute gibt es die Möglichkeit, mit dem amerikanischen Satellitensystem GPS (Global Positioning System) Koordinaten zu bestimmen. Allerdings sind die Daten nicht hunderprozentig genau, weil es etwa atmosphärische Störungen gibt - durch Staubpartikel oder Sonnenstrahlen. Aber auch in dicht besiedelten Gebieten wird es schwierig: Die Anzahl der Satelliten ist derzeit noch zu gering, um immer und überall verlässliche Daten zu liefern. Doch auf einer Baustelle geht es manchmal um wenige Zentimeter bis zur nächsten Glasfaser der Telefonanbieter oder einer Leitung eines Kabelnetzbetreibers.

Eon-Ruhrgas bietet daher bereits heute den Satellitenpositionierungsdienst "Ascos" an, der anderen Firmen verbesserte GPS-Daten liefert. Ascos besitzt 180 so genannte Referenzstationen. Sie empfangen auf dem Boden in Deutschland die Signale mehrerer Satelliten. Mit diesen neuen Daten lassen sich schließlich Fehler bei der GPS-Ortung herausrechnen.

Überflüssig werde Ascos trotzt Galileo nicht, so Loef. Atmosphärische Schwierigkeiten gebe es weiterhin. Trotzdem lobt er Galileo: "Wir brauchen mehr Satelliten am Himmel." Je mehr Signale es gibt, desto zuverlässiger wird das Ergebnis. Zudem macht Galileo Europa unabhängig. Das amerikanische System GPS war für das Militär installiert worden. Es gibt keine Garantie, dass es für zivile Zwecke immer zur Verfügung stehen wird. Das Gleiche gilt für das Satellitensystem Glonass, das das russische Verteidigungsministerium betreibt.

Trotz der finanziellen Galileo-Krise sagt Loef: "Wir bleiben optimistisch. Galileo hat ein riesiges Potenzial." Und das nicht nur für den Energiesektor. "Man könnte heute schon Flugzeuge steuern." Doch da GPS nicht zuverlässig sei, verzichte man bei Start und Landung auf das Signal aus dem All.

Technisch sei einiges vorstellbar. In der Landwirtschaft könnten mit Hilfe der Satelliten unkompliziert Bepflanzungspläne erstellt und Dünger für den jeweiligen Anbau punktgenau verteilt werden. In der Forstwirtschaft würden nach einem Sturm wie Kyrill zeit- und kostenintensive Vermessungsarbeiten entfallen. Denn durch den Satellitenempfang erführe man schneller, wer für welche umgekippten Bäume verantwortlich ist und sie räumen muss.

Auch die Deutsche Bahn würde von einem verlässlichen Satellitenempfang profitieren: Das Unternehmen könnte jederzeit alle seine Waggons präzise orten. Ein vorsorglich großer Sicherheitsabstand zwischen den Zügen wäre dann nicht mehr nötig. Die Bahn könnte ihren Takt erhöhen.