Berlin. Die Wahrheit kommt nur scheibchenweise an die Öffentlichkeit: Der Datenskandal bei der Deutschen Bahn ist offenbar noch größer als angenommen. Laut Medienberichten ließ der Konzern 2005 alle 240.000 Mitarbeiter auf Korruption überprüfen. Diese Aktion verschwieg die Bahn bislang.
Die Deutsche Bahn hat laut einem Bericht der «Süddeutschen Zeitung» ihre Belegschaft in weit größerem Umfang ausgeforscht als bisher bekannt. Nach einer ersten Kontrolle eines Großteils der Beschäftigten seien bei einer weiteren Aktion 2005 die «Daten aller Mitarbeiter» - also von rund 240.000 Beschäftigten - mit Adressen und Bankverbindungen von Geschäftspartnern abgeglichen worden, berichtete die Zeitung am Dienstag vorab mit Verweis auf einen ihr vorliegenden Brief aus dem Bundesverkehrsministerium. Das neue Ausmaß der Affäre habe im Aufsichtsrat Entsetzen ausgelöst.
Aufsichsrat schockiert
Man sei «schockiert», zitierte das Blatt Reaktionen in Aufsichtsratskreisen. Es sei unbegreiflich, dass der Vorstand nur «scheibchenweise» mit der Wahrheit über die Datenaffäre herausrücke. «Wir können nur den Kopf schütteln». Konzernchef Hartmut Mehdorn komme aus dieser Affäre voraussichtlich nicht mehr heil heraus, hieß es nach Angaben der Zeitung weiter.
Der Aufsichtsrat erfuhr dem Bericht zufolge am Dienstag durch einen Brief des Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Achim Großmann, von dem Vorgang. Dieser berichte darin von einer Sitzung des Prüfungsausschusses im Aufsichtsrat, bei der die Bahn die zweite große Spähaktion eingestanden habe. An der Sitzung am vorigen Freitag hatte auch Mehdorn teilgenommen. Er musste nach Angaben aus Aufsichtsratskreisen jedoch erst herbeizitiert werden, schreibt die «Süddeutsche».
Auftraggeber unbekannt
Großmann schreibe weiter, der Prüfungsausschuss habe «nicht ausreichend» klären können, wer die zweite Massen-Überprüfung in Auftrag gegeben habe, berichtete die Zeitung. Die anwesenden Vorstände hätten bestritten, zum Zeitpunkt dieses zweiten Datenabgleichs im Jahr 2005 davon erfahren zu haben. Die Fragen des Prüfungsausschusses seien «nur unzureichend» beantwortet worden, habe der Staatssekretär gerügt.
Mehdorn hatte erst am Dienstag nach tagelangem Konfrontationskurs in einem Brief an die Mitarbeiter Fehler bei der Überprüfung der Daten von rund 173.000 Mitarbeitern eingeräumt. (ap/afp/ddp)