Wie das 5000-Dollar-Fahrzeug den Weltmarkt aufmischt und wie man es rentabel bauen kann. Ein Gastbeitrag von Ferdinand Dudenhöffer

In die Autoindustrie ist Unruhe eingezogen. Der Drang zu immer versierteren, moder-neren, technisch besseren Autos hat einen Gegentrend erhalten. Er heißt 5000-Dollar-Auto. Wie realistisch ist das?

Die erste Antwort dazu hat der frühere Renault-Chef Louis Schweizer gegeben. Früh erkannte er den Wachstumsmarkt für Einfachstautos, hat Dacia gekauft und dort das Projekt 5000-Dollar-Auto gestartet. Richtig ernst genommen wurde er nicht. Damals konnte sich keiner vorstellen, dass Schweizers Idee die Autowelt revolutionieren würde. Die ersten Dacia Logans kamen 2004 in Osteuropa für 5000 Euro plus Mehrwertsteuer in den Markt. Bald eroberte der Logan wichtige Ostmärkte und wird mittlerweile in Indien, Iran, Marokko, Russland und Kolumbien montiert. Die heutige Montage in Indien von 70 000 Fahrzeugen wird bis 2009 in eine Komplettfabrik von 500 000 Fahrzeugen ausgebaut. Das Logan-Stammwerk im rumänischen Pitesti wird bis 2008 auf die Kapazität von 350 000 Fahrzeugen hochgefahren. Noch vor 2010 werden jährlich eine Million Dacia Logans weltweit verkauft. Er hat damit den Sprung von null auf eine Million in sechs Jahren geschafft. Zum Vergleich: Skoda hat 2006 560 000 Fahrzeuge gebaut.

Das Segment der Billigautos hat heute die größten Perspektiven. Bis 2015 werden jährlich über zehn Millionen Billigautos verkauft. Die Märkte liegen dort, wo das Wachstum des Weltautomarkts liegt: In China, Indien, Vietnam, Thailand und dem Rest Asiens ohne Japan, in Osteuropa sowie im mittleren Osten. Das Segment der Billigautos ist längst dabei, sich weiter aufzufächern in das 2000 bis 4000 Dollar, das 4000 bis 7000 Dollar und das 7000 bis 10 000 Dollar Auto. Der indische Konzern Tata ist dabei, ein 2000-Dollar-Auto auf die Straße zu bringen.

Jeder, der im Autogeschäft eine größere Rolle spielen will, muss ins Billigsegment. So haben Toyota, GM, Ford, Fiat, VW, Peugeot neben dem Marktführer Renault-Dacia Billigautos angekündigt.

Damit stellt sich die Frage, ob es lohnt, in das Abenteuer Billigauto einzusteigen? Einfach mal die Klimaanlage, ESP oder andere Extras aus einem Standard-Fahrzeug wegzulassen, macht kein Billigauto. Damit verzichtet man nur auf Marge. Der nackte Standard-Kleinwagen hat am Markt wenig Chancen, er ist noch nicht billig genug. Das Segment 7000 bis 10 000 Dollar weist das geringste Wachstum auf. Gleichzeitig ist dort der größte Wettbewerb zu erwarten.

Billig wird nur dann ertragreich, wenn man erstens im größten Wachstums-Segment operiert und zweitens über die gesamte Wertschöpfungskette billig ist. Der Grundgedanke über alle Wertschöpfungsstufen besteht darin, Kapital durch Billigarbeit zu ersetzen. Ein Standard-Auto wird heute zu 10 Prozent aus Kapital, zu 15 Prozent aus Arbeit und zu 55 Prozent aus Zulieferteilen hergestellt. Das Billigauto muss weniger als 5 Prozent Kapitaleinsatz und mehr als 15 Prozent Arbeitsinhalt haben. Die Schweißnaht wird nicht vom Roboter gesetzt, sondern vom Arbeiter, der pro Stunde einen Dollar kosten darf.

Das Billigauto kann also nur in absoluten Niedriglohnländern gebaut werden. Die neue Unternehmensorganisation fürs Billigauto reicht bis ins Autohaus. Im Chevrolet-Autohaus ist zuviel Kapital für das Billigauto gebunden. Es macht keinen Sinn, das Billigauto "nebenher" zu vertreiben. Das erfolgreiche Billigauto braucht seine eigene Marke und seinen eigenen Vertrieb.

Ferdinand Dudenhöffer ist Automobilprofessor an der FH Gelsenkirchen.