93 Millionen Bankkunden erhalten neues Plastikgeld. Die EC-Karte hat ausgedient. Die Girocard kommt.Bargeldloses Bezahlen per Karte und Unterschrift bedroht. Zahlungssysteme in der Euro-Welt werden vereinheitlicht
Essen. Fast jeder Mensch in Deutschland hat mindestens eine. In manchen Geldbörsen und Brieftaschen stecken auch zwei und mehr. Insgesamt sind 93 Millionen Bankkarten mit den blau-roten EC-Zeichen in Umlauf. Und obwohl die Besitzer die Karten meist wie Bares hüten, werden sie sich in den nächsten drei Jahren von ihrem Plastikgeld trennen müssen: Die EC-Karte hat bis 2011 ausgedient wird durch die Girocard ersetzt. Und auch das beliebte bargeldlose Bezahlen per EC-Karte und Unterschrift könnte auf der Strecke bleiben. Diese Lastschrift-Variante ist in Gefahr.
Der Grund für beide Umwälzungen: Gut sechs Jahre nach der Einführung des Euro-Geldes sollen jetzt auch die bargeldlosen Zahlungssysteme in weiten Teilen Europas vereinheitlicht werden. Wie allgemein üblich, gibt es auch für dieses Projekt eine Abkürzung: Sepa. Das steht für "Single Euro Payments Area", was etwa "einheitlicher europäischer Zahlungsverkehrsraum" bedeutet. Zu Sepa gehören die 27 EU-Länder sowie Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz.
Ein erster Schritt in Richtung Sepa wurde bereits im Januar dank einheitlicher Kontodaten getan: Seitdem sind grenzüberschreitende Überweisungen innerhalb des Sepa-Bündnisses wesentlich einfacher geworden. Und billiger. Solche bargeldlosen Zahlungen sollen jetzt nicht mehr teurer sein als Überweisungen innerhalb der einzelnen Länder.
Nächste Etappe auf dem Weg zu einem einheitlichen Zahlungssystem ist die Girocard. Sie löst die EC-Karte ab. Vor genau 40 Jahren einigten sich europäische Banken auf das bekannte EC-Emblem. Es zierte zunächst die Euroschecks und die Euroscheckkarte. Sie galt als Garantie dafür, dass ein mit der Karte vorgelegter Euroscheck bis zu einer Höchstsumme (zuletzt 400 DM, gut 200 Euro) von der Bank eingelöst wurde.
Ausgerechnet mit dem Start des Euro 2002 kam für den Euroscheck das Aus. Die Karte aber blieb. Die Abkürzung "EC" steht seitdem für "Elec-tronic Cash", also für elektronisches Bargeld. Mit der EC-Karte kann man entweder bargeldlos bezahlen oder an Automaten Bares ziehen.
Für die Bankkunden bleibt es bei diesen Funktionen, auch wenn die Plastikkarte künftig Girocard heißt. In den Sepa-Staaten sollen im Laufe der Jahre aber nicht nur Geldausgabeautomaten angezapft werden können. Auch das bargeldlose Bezahlen in Läden soll für deutsche Kartenbesitzer jenseits der Grenzen wesentlich ausgeweitet werden.
Um den großen Kartenwechsel müssen sich die Kunden nicht kümmern. Das geht, so heißt es zum Beispiel bei den Sparkassen in Dortmund Essen, in den nächsten Monaten und Jahren automatisch - immer wenn der routinemäßige Austausch fällig ist oder außerplanmäßig eine neue Karte gebraucht wird.
Nicht ganz so problemlos könnten die Sepa-Folgen für den Handel und dessen Kunden sein. Das EC-Lastschrift-Verfahren beim Einkaufen ist bedroht. Es passt als deutsche Spezialität offenbar nicht so recht ins europaweite System. Immerhin macht der Handel von 100 Euro Umsatz gut 14 Euro mit diesem Verfahren, bei dem der Kunde seine EC-Karte vorlegt und den Kassenbon unterschreibt.
Es konkurriert mit dem Electronic-Cash-System, bei dem der Kunde (wie am Geldausgabeautomaten) seine Geheimnummer eingeben muss. Doch dieses Verfahren - obwohl deutlich sicherer - ist bei vielen Händlern unbeliebt. Die Gebühren, die die Banken dafür verlangen, liegen nach Angaben des Handelsverbandes HDE bei jährlich 173 Millionen Euro. Das seien rund 0,3 Prozent des Umsatzes.
Das Lastschriftverfahren führt hingegen zwar zu Ausfällen, weil keine Bonitätsprüfung stattfindet und Betrüger am Werk oder Konten nicht gedeckt sind. Doch dieser Schaden beträgt nach HDE-Angaben im Jahr nur 0,1 Prozent des Umsatzes oder etwa 57 Mio Euro. Da zahlen viele Händler lieber den Schaden durch Ausfälle als die Bankgebühren. Noch ist nicht klar, ob sie auch nach der Angleichung der Lastschriftverfahren in der Sepa-Welt diese Wahl noch haben. Wie wichtig der bargeldlose Einkauf für den Einzelhandel ist, zeigt der Alltag: Nur noch 62,70 Euro vom 100 Euro Umsatz werden bar bezahlt. Vor zehn Jahren waren es noch 75,20 Euro.