Jobcenter können ältere Arbeitslose ab Januar trotz Abschlägen in die Frührente schicken.SPD ringt der Union einen Schutz bis 63 sowie für Aufstocker und Härtefälle ab. Neue 58er-Regelung

Essen. Wer ab dem 1. Januar 2008 in Hartz IV fällt und 63 Jahre oder älter ist, dem droht die Zwangsverrentung. Das geht aus dem Kompromiss zwischen SPD und Union hervor. Die Sozialdemokraten feiern diese Einigung als Erfolg, weil sie den Kreis der Betroffenen im Streit mit der Union eingrenzen konnten. Dennoch können künftig die Jobcenter von älteren Arbeitslosen verlangen, Frührente zu beantragen, obwohl damit Abschläge verbunden sind.

Hintergrund ist das Auslaufen der so genannten "58er Regelung". Wer sie in Anspruch nahm, stand dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung, erhielt dafür aber im Gegenzug Arbeitslosengeld bis zum Erreichen der abschlagsfreien Rente. Mit dem Wegfall dieser Regelung geht dieser Schutz verloren. Weil das Arbeitslosengeld II eine nachrangige Leistung ist, hätten alle älteren Arbeitslosen so früh wie möglich in Rente gehen müssen. Im Januar wäre das mit 61 Jahren gewesen, verbunden mit einem Abschlag auf die Rente von 14,4 Prozent. Bis 2012 wird der frühestmögliche Renteneintritt wegen Arbeitslosigkeit schrittweise auf 63 Jahre angehoben.

Die Koalition hat sich nun darauf verständigt, niemanden vor 63 in den Ruhestand zu zwingen. Für die älteren wurde zudem eine Reihe von Ausnahmen beschlossen. So sind von den Änderungen nur neue Hartz-IV-Bezieher betroffen. Wer einen Job in Aussicht hat, darf ebenso wenig zwangsverrentet werden wie die so genannten "Aufstocker", sobald sie mindestens 401 Euro verdienen und nebenbei Alg II beziehen. Auch, wer nur noch ein halbes Jahr oder kürzer vor der ungekürzten Rente steht, ist geschützt. Bleiben also die 63- bis 64,5-Jährigen, die keinen Job in Aussicht haben, was allerdings für die meisten in diesem Alter gelten dürfte.

"Das war mit der Union möglich, aber nicht ein Millimeter mehr", sagt der Mülheimer SPD-Rentenexperte Anton Schaaf zur WAZ. Er fordert nach wie vor, niemanden gegen seinen Willen in Frührente zu schicken und hofft, dies über eine Verwaltungsanweisung des Arbeitsministeriums doch noch zu erreichen. Wenn einige geschützt seien, könne der Gleichbehandlungsgrundsatz für die anderen gelten. So war es bei der bisherigen 58er-Regelung.

Für die hat die Koalition zudem eine Nachfolge-Regelung gefunden: Langzeitarbeitslose ab 58 gelten künftig als "nicht mehr arbeitssuchend", wenn das Jobcenter ihnen ein Jahr lang kein Arbeitsangebot machen konnte. Sie können aber auf eigenen Wunsch die Angebote der Arbeitsbehörde weiterhin in Anspruch nehmen. Ihr Berater soll zudem alle sechs Monate prüfen, ob er doch ein Arbeitsangebot machen kann. Der Schutz, nicht in Rente geschickt zu werden, gilt aber nur bis 63. Kommentar