Berlin. .

Wenn es nach dem Willen der Gewerkschaft IG Metall ginge, müsste sich die deutsche Autoindustrie selbst retten: mit Investitionen in die Fertigung von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen. Es geht um einen Zukunftsplan der Arbeitnehmervertreter, es geht um Hunderttausende Jobs.

Der Betriebsratschef von VW, Bernd Osterloh, saß am Dienstag zusammen mit Betriebsräten von VW, Daimler, Bosch und Opel in den Räumen der IG Metall in Berlin-Kreuzberg. Noch sieht Osterloh Chancen für die meisten Mitarbeiter, wenn schnell etwas geschieht. Osterlohs Hoffnung richtet sich dabei auf die Themen Elektromobilität, Batteriefertigung, und sparsamere Motoren.

Zulieferer fürchten Verlust von lukrativen Aufträgen

Während der Betriebsratschef in Berlin das Zukunftskonzept umriss, kündigte VW-Markenchef Herbert Diess in Wolfsburg an, die Kernmarke des Volkswagen-Konzerns strebe „den Sprung an die Spitze der Elektromobilität“ an. „Bis 2025 wollen wir eine Million Elektroautos pro Jahr verkaufen und Weltmarktführer in der Elektromobilität sein“, so Diess. Die Umsatzrendite solle von zwei Prozent im Jahr 2015 auf sechs Prozent im Jahr 2025 steigen.

Der Anteil rein elektrisch betriebener Wagen an den Neuzulassungen in Deutschland könnte 2030 sogar bei „20 bis 30 Prozent“ liegen, sagt Jörg Hofmann, Vorsitzender der IG Metall. Gleichzeitig müsse der Ausstoß klimaschädlicher Gase durch Autos drastisch sinken. Auch die IG Metall sorgt sich um die Zukunftsfähigkeit der Autobauer. Deswegen hat die Gewerkschaft zusammen mit Betriebsräten ein Konzept für die Transformation der Unternehmen erarbeitet. „Jährliche Reduzierungsziele für Verbrennungsmotoren“, lautet eine zentrale Forderung. Dabei betonte IG-Metall-Chef Hofmann, dass die „Entkarbonisierung des Antriebs in Balance“ zur Sicherung der Beschäftigung erfolgen müsse.

Die IG Metall beschreibt Strategien für den Zeitraum ab 2020. Laut EU-Ziel dürfen neu zugelassene Fahrzeuge dann nur noch 95 Gramm klimaschädliches Kohlendioxid pro Kilometer verursachen. Danach könnte der Ausstoß bis 2030 auf 70 Gramm sinken, wenn 15 Prozent aller neuen Autos elektrisch führen, so die IG Metall.

Hofmann warnte jedoch davor, die Latte zu hoch zu legen. Einerseits fehle in Deutschland noch die nötige Ladeinfrastruktur, um große Zahlen von E-Autos zu versorgen. Und selbst bis 2030 werde das Netz nicht so weit sein, dass ganze Neuwagenflotten aufgeladen werden könnten. Angesichts der Mehrkosten für E-Autos zweifele er auch daran, dass die Nachfrage hoch genug sein werde. Drittens warnte Hofmann vor den dem Verlust Hunderttausender Arbeitsplätze, sollte man die Elektrifizierung durchpeitschen. Denn bei den Konzernen, die die Fahrzeuge produzieren, arbeiten in Deutschland rund 800 000 Beschäftigte. Etwa 200 000 davon fertigen Motoren und Getriebe. Alleine beim Daimler-Konzern sind es um die 30 000, sagt Betriebsratschef Michael Brecht. Solche Stellen seien bedroht, wenn weniger Verbrennungsmotoren gebraucht werden. „Wir stehen vor riesigen Herausforderungen“, sagte Hofmann. „Man kann Ingenieure nicht einfach zu Entwicklern von Apps umqualifizieren“, ergänzte Brecht.

Besorgt war auch Hartwig Geisel, Vizechef des Gesamtbetriebsrates bei Bosch. Geisel sieht besonderen Druck auf Zulieferfirmen wie Bosch zukommen. Er befürchtete, dass die Autohersteller künftig mehr Tätigkeiten selbst übernehmen, um den Arbeitsplatzverlust bei sich in Grenzen zu halten.