Frankfurt/Main. Ältere und Familien bekommen nur schwer Kredite für Immobilien. Grund: eine EU-Richtlinie. Der Bundesrat soll die Regeln nachbessern.
Bei der Vergabe von Baukrediten sind einige Banken knauserig geworden. Leidtragende sind vor allem Ältere und Familien.
Grund dafür ist die sogenannte Wohnimmobilienkreditrichtlinie der Europäischen Union, die in Deutschland seit März umgesetzt wird. Baden-Württemberg, Bayern und Hessen wollen die Richtlinie jetzt durch eine Initiative im Bundesrat konkretisieren. Verschiedene Bestimmungen sollen im Sinne der Verbraucher nachgebessert werden.
Das Haus spielt keine Rolle mehr
Wohnimmobilienkreditrichtlinie – hinter dem sperrigen Begriff steht eine gravierende Änderung: Die Immobilie selbst spielt bei der Besicherung eines Kredits keine besondere Rolle mehr. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Kunde den Kredit in der verabredeten Frist zurückzahlen kann. Für junge Familien könnte das schwierig werden, wenn etwa die Frau wegen Kinderbetreuung vorübergehend nur Teilzeit arbeitet, aber zum Beispiel in zwei Jahren wieder Vollzeit tätig sein möchte.
Ist der Kunde lange genug liquide?
Denn die Bank rechnet mit dem aktuellen Einkommen; sie kann nicht davon ausgehen, dass die Frau tatsächlich wie geplant die Vollzeitbeschäftigung aufnehmen wird. Folge: Die Familie bekommt entweder keinen Kredit oder nur einen in geringerer Höhe. Denn die Bank soll die Wahrscheinlichkeit abschätzen, ob der Darlehensnehmer zukünftig liquide genug ist, um seine Hypothekenkreditraten zu bezahlen.
„Gesetzgeber über das Ziel hinausgeschossen“
„Dies ist in der Praxis nur schwer möglich“, sagt Jürgen Michael Schick, Präsident des Immobilienverbands IVD, „so dass aus Sicht der Bank das Ergebnis der Kreditwürdigkeitsprüfung auf wackligen Beinen steht.“ Deshalb hält der IVD die Bundesratsinitiative für wichtig. Zwar sei die Absicht der EU-Richtlinie richtig, den Verbraucher bei der Aufnahme von Immobilienkrediten besser zu schützen, meint Schick. „Der Gesetzgeber ist aber über das Ziel hinausgeschossen und hat die Richtlinie unnötigerweise verschärft.“
Rentner gucken in die Röhre
Zweites Beispiel: Rentner. Sie konnten zuvor die eigene Immobilie als Sicherheit einbringen, wenn sie einen Kredit aufnehmen wollten etwa für den altersgerechten Umbau ihres Hauses oder ihrer Wohnung. Das geht ebenfalls nicht mehr, erklärt Uwe Fröhlich, Präsident des Bundesverbands der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR): „Wir dürfen als Bank oder Sparkasse nicht mehr den Wert des Objektes, etwa für den Fall eines geplanten Verkaufs in ferner Zukunft, berücksichtigen.“
Ausnahmeregeln wünschenswert
Zuvor ging man davon aus, dass die Restschulden älterer Kreditnehmer nach ihrem Tod von den Erben übernommen beziehungsweise aus dem Verkauf der Immobilie beglichen wurden. In anderen Ländern der EU hat man entsprechende Öffnungsklauseln eingebaut. In Deutschland nicht, das sollte nun möglichst im Nachhinein geschehen. Solche Ausnahmeregeln wären auch für die Anschlussfinanzierung bei älteren Kreditnehmern hilfreich, sagt Fröhlich.
Banken sind deutlich vorsichtiger geworden
Die Banken sind generell bei der Kreditvergabe deutlich vorsichtiger geworden. Mit den neuen Kriterien aber haben etwa auch Arbeitnehmer mit nur befristeten Verträgen kaum Chancen auf einen Immobilienkredit. Die Frage des Eigenkapitals wird deshalb umso bedeutender – und führt dazu, dass viele Menschen sich den Kauf einer Immobilie trotz der aktuell niedrigen Zinsen nicht mehr leisten können.
Die eigene Immobilie aber ist gerade für die Altersvorsorge ein wichtiger Baustein.