Berlin. Millionen Rentnern droht 2009 ein böses Erwachen. Denn der Fiskus wird seine Steuern bei säumigen Ruheständlern schon bald mithilfe eines elektronischen Meldeverfahrens eintreiben. Schummeln und Wegducken vor dem Finanzamt ist dann kaum mehr möglich. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Welche Rentner sind von der Steuerpflicht betroffen?

Seit 2005 gilt das so genannte Alterseinkünftegesetz. Damit ist der steuerpflichtige Anteil der Rente deutlich gestiegen. Rund ein Viertel der 20 Millionen Rentner muss Steuern zahlen. Und es werden immer mehr, weil der so genannte Ertragsanteil der Rente jedes Jahr um zwei Prozent steigt, das steuerliche Existenzminimum von 7664 Euro aber unverändert bleibt. Neurentner des Jahrgangs 2005 zahlen auf 50 Prozent ihrer gesetzlichen Rente Steuern, wer 2006 in Rente ging, muss schon auf 52 Prozent Steuern zahlen. Ein Neurentner des Jahres 2009 zahlt demnach auf 58 Prozent seiner gesetzlichen Rente Abgaben. Ab 2040 ist die gesetzliche Rente dann voll steuerpflichtig.

Ab welchem Einkommen greift die Steuerpflicht?

Wer konkret wie viel Steuern zahlt, hängt von mehreren Faktoren wie dem persönlichen Einkommensteuersatz, dem Alter und der Art der Einkünfte ab. So werden private Renten anders besteuert als Einkünfte aus der gesetzlichen Kasse, Betriebsrenten anders als Zinsen, Nebeneinkünfte oder Mieteinnahmen. Als Orientierungsmarke gilt nach Berechnungen der Rentenversicherung Bund: Ein alleinstehender Neurentner des Jahres 2008 bleibt bis zu einen Jahreseinkommen von rund 16.800 Euro gesetzliche Rente steuerfrei (Verheiratete: 33.600 Euro). Wer höhere Einkünfte hat, zahlt Steuern. Vor allem jene Rentner müssen also zahlen, die neben ihrer gesetzlichen Rente zusätzliche Einkünfte aus Mieten, Zinsen oder einem Nebenerwerb beziehen.

Was ändert sich 2009?

Gesetzlich bleibt alles beim Alten. Doch im Laufe dieses Jahres beginnt das elektronische Meldeverfahren. Alle Rentenversicherer melden der „Zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen" unter Angabe der Steueridentifikationsnummer ihre Zahlungen an die Versicherten. Die Zulagenstelle sammelt die Daten zentral und leitet sie an die Behörden der Länder weiter, schließlich landen die Informationen beim zuständigen Finanzamt. Der Finanzbeamte hat also einen genauen Überblick über alle Einkünfte der Rentner, sofern sie aus einer Rentenkasse kommen. Was sich 2009 ändert, ist mithin der Vollzug: Der Fiskus eröffnet die Jagd auf die Rentner. Nach Schätzung der Deutschen Steuergewerkschaft haben zwei Millionen Rentner bisher keine oder zu wenig Steuern bezahlt – aus Unwissenheit oder absichtlich.

Wann geht es los?

Voraussichtlich im Oktober. Durch technische Probleme hat sich der Start des elektronischen Meldeverfahrens aber verzögert, heißt es im Bundesfinanzministerium.

Welche Daten leiten die Rentenversicherer an das Finanzamt weiter?

Die Meldungen reichen bis 2005 zurück. Wer seither durch die gesetzlichen Neuerungen steuerpflichtig ist, bislang aber noch keine Steuern gezahlt hat, und außerdem Glück gehabt hat, könnte deshalb jetzt ins Visier der Finanzämter geraten. Im schlimmsten Fall werden hohe Nachzahlungen, Zinsen, vielleicht auch Strafen fällig.

Was sollten Rentner tun?

Ruhe bewahren. Noch ist Zeit genug, dem Fiskus zuvorzukommen. In einem ersten Schritt sollten Ruheständler prüfen, ob sie steuerpflichtig sind. Rund drei Viertel aller Senioren zahlen wegen hoher Freibeträge nach wie vor keine Steuern. Wer allerdings höhere Einkünfte hat, zumal aus mehreren Quellen, sollte sich wegen der komplizierten Berechnungen von einem Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein helfen lassen. Wird eine Steuerpflicht festgestellt, gilt es, möglichst rasch Initiative zu ergreifen. Versäumte Steuererklärungen der Vorjahre, ob versehentlich oder absichtlich unterlassen, sollten nachgereicht werden. Je länger man wartet, desto höher wird die Zinsnachzahlung. In den meisten Fällen dürften die Finanzbeamten kulant sein, weil viele Rentner von den gesetzlichen Neuerungen nicht informiert waren. Doch grundsätzlich gilt: Der Fiskus kann Steuern bis zu zehn Jahren nachfordern. Steuersäumnisse von vor 2005 fallen allerdings weit weniger auf, weil die Daten noch nicht zentral erfasst wurden.

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