Essen.. Derzeit sind die Kosten für das Stromnetz regional unterschiedlich. Das könnte sich ändern. Der Netzbetreiber Amprion warnt vor erheblichen Folgen.
Stromverbrauchern drohen erneut höhere Kosten. Dabei könnten insbesondere Kunden in NRW zur Kasse gebeten werden, warnt Hans-Jürgen Brick, Geschäftsführer des Dortmunder Netzbetreibers Amprion. Hintergrund sind Pläne, bundesweit einheitliche Netzentgelte einzuführen. Derzeit gibt es starke regionale Unterschiede im Netzgeschäft. Das führt dazu, dass Verbraucher in vielen Teilen Ostdeutschlands mehr für ihren Strom zahlen müssen als im Westen. Der ost- und norddeutsche Netzbetreiber 50 Hertz macht sich daher für einheitliche Entgelte in ganz Deutschland stark. Das von SPD-Chef Sigmar Gabriel geführte Wirtschaftsministerium kündigte an, es plane Veränderungen für eine „faire Lastenverteilung“.
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Amprion-Chef Brick zeigt sich alarmiert. „Wir lehnen bundeseinheitliche Netzentgelte ab“, sagte er im Gespräch mit unserer Redaktion. „Die rund 27 Millionen Stromkunden in unserem Versorgungsgebiet müssten draufzahlen und industriellen Kunden drohen zusätzliche Kosten in Millionenhöhe.“ Amprion besitzt das längste Höchstspannungsnetz in Deutschland. Es umfasst 11 000 Kilometer und reicht von Niedersachsen über NRW bis nach Bayern. „Unser Netzgebiet ist sehr stark industriell geprägt, hier wird ein Drittel des deutschen Bruttoinlandsproduktes erwirtschaftet“, betonte Brick. „Zu unseren Kunden zählen beispielsweise die Werke der Chemiekonzerne Bayer, BASF und Evonik oder die Elektrostahlwerke von Thyssen-Krupp und die Aluhütte von Trimet.“
Der Amprion-Chef warnte vor negativen Auswirkungen, die ein einheitliches Netzentgelt hätte. „Für Industriekunden in NRW wären Kostensteigerungen beim Netzentgelt von bis zu 68 Prozent die Folge. Ähnlich wäre die Belastung für zahlreiche Unternehmen in Rheinland-Pfalz, Hessen, im Saarland und in Teilen Bayerns“, warnte Brick. „Besonders betroffen wären mittelständische Industriebetriebe. Ihnen droht durchschnittlich ein Anstieg der Kosten um 3,3 Millionen Euro auf 8,2 Millionen Euro pro Jahr.“ Die Beispielrechnung umfasse Unternehmen mit 100 Megawatt Jahreshöchstlast und 5000 Benutzungsstunden. „Wir befürchten erhebliche Belastungen für den Wirtschaftsstandort Deutschland – unter anderem durch Standortverlagerungen ins Ausland mit dem Verlust von heimischen Arbeitsplätzen“, sagte der Amprion-Chef.
„Auch private Haushaltskunden in NRW müssten tiefer in die Tasche greifen“
„Auch private Haushaltskunden in NRW müssten tiefer in die Tasche greifen. Unsere Netzentgelte machen zwar nur 3,5 Prozent der gesamten Stromrechnung aus, es entstünden im Jahr aber Mehrkosten in Höhe von 24 Euro.“ Zum Vergleich: Derzeit geht Amprion von einer zehnprozentigen Anhebung im kommenden Jahr aus, was rund 3,50 Euro jährlich ausmacht. Durch ein einheitliches Netzentgelt könnten Stromkunden in den ostdeutschen Ländern nach Angaben von Amprion mit einer Ersparnis von zehn Euro im Jahr rechnen.
Deutschland ist unter den Netzbetreibern in Versorgungsgebiete aufgeteilt. Die Unternehmen Tennet und 50 Hertz decken den Norden und Osten ab, Amprion und TransnetBW sind im Westen und Südwesten aktiv. Die Kosten für die Stromnetze steigen kräftig – vor allem durch den Ausbau der Windenergie im Norden. Tennet und 50 Hertz wollen die Entgelte nun um 80 Prozent beziehungsweise 45 Prozent erhöhen.
Kosten durch mehr Windenergie
Da der Wind nicht immer weht, sind Eingriffe in den Kraftwerksplan die Folge. Droht an einer bestimmten Stelle im Stromnetz ein Engpass oder eine Überlastung, so werden Kraftwerke angewiesen, ihre Einspeisung zu drosseln oder zu erhöhen. Das verursacht Kosten, die an die Stromverbraucher weitergereicht werden. „Bei uns fallen rund zwei Millionen Euro jährlich an, bei Tennet und 50 Hertz sind es rund 400 Millionen Euro“, sagte der Amprion-Chef. „Wir haben unser Netz in den vergangenen Jahren bedarfsgerecht ausgebaut. Daher haben wir auch erheblich geringere Kosten durch Eingriffe in den Kraftwerksplan als in anderen Regionen Deutschlands“, betonte Brick.