Essen. . Aus Angst vor Anschlägen gibt es beim Volksfest in München erstmals einen Zaun und Zugangskontrollen. Die Essener Firma Kötter kümmert sich darum.

Kontrollen am Eingang, mobile Zäune, Rucksackverbot – aus Angst vor Terroranschlägen haben die Veranstalter des Oktoberfests in München reagiert. Auch das Essener Sicherheitsunternehmen Kötter ist erstmals im Einsatz. Firmenchef Friedrich P. Kötter sagt im Gespräch mit Ulf Meinke, warum er den Auftrag angenommen hat – und warum seine Entscheidung aus heutiger Sicht vielleicht anders ausgefallen wäre.

Herr Kötter, in diesem Jahr kümmert sich Ihr Unternehmen erstmals auch um die Sicherheit auf dem Oktoberfest. Ihre Premiere findet ausgerechnet wenige Wochen nach dem Amoklauf von München statt. Sind Sie ein bisschen nervös?

Kötter: Wir haben lange überlegt, ob wir ein Angebot für den Auftrag abgeben. Schließlich ist es gar nicht so leicht, qualifiziertes Personal für eine Veranstaltung dieser Größenordnung zu stellen. Letztlich haben wir uns dafür entschieden. Wir haben mittlerweile eine starke Position im süddeutschen Raum. Daher sind wir auch zu der Einschätzung gelangt: Wir kriegen das hin.

Ihr Angebot kam noch vor dem Münchner Amoklauf. Wäre Ihre Entscheidung womöglich aus heutiger Sicht anders ausgefallen?

Kötter: Das mag sein. Tatsächlich ist der Aufwand, den wir nun haben, deutlich höher als zunächst absehbar.

Erstmals soll ein Zaun um das Oktoberfest errichtet werden. Bei der Loveparade in Duisburg haben insbesondere fehlende Fluchtwege zur Katastrophe geführt. Ist München ein völlig anderer Fall?

Kötter: Die Gegebenheiten sind absolut nicht vergleichbar. In München handelt es sich um ein ganz anderes Konzept als in Duisburg. Es ist vorgesehen, dass der Zaun innerhalb von 50 Sekunden geöffnet werden kann. Wir sind mit etwa 450 Mitarbeitern aus dem ganzen Bundesgebiet vor Ort. Unsere Leute kümmern sich um die Zutrittskontrolle, den Schutz für Behördenbereiche auf dem Gelände und die Absicherung des Zauns. Dem zugrunde liegt das Sicherheitskonzept der Stadt München. Wir trainieren auch Krisenszenarien wie eine Geländeräumung.

Fallen die Zugangskontrollen ähnlich streng aus wie an Flughäfen?

Kötter: Wir nehmen eine Sichtkontrolle vor. Die Situation ist also eher vergleichbar mit dem Einlass in einem Fußballstadion.

Ist der Oktoberfest-Auftrag in Ihrem Unternehmen Chefsache?

Kötter: Ich lasse mir sehr genau berichten, was Sache ist. Wir sind ein Familienunternehmen und gewohnt, Risiken zu kalkulieren. Unser Grundsatz ist stets, nur Aufträge zu übernehmen, die wir leisten können.

Haben Sie persönlich Ihr Verhalten nach den zurückliegenden Anschlägen verändert? Meiden Sie selbst Großveranstaltungen wie das Oktoberfest?

Kötter: Ich verhalte mich so, wie vorher auch. Deutschland ist ein sicheres Land. Aber natürlich haben wir auch lange Zeit Glück gehabt. Dass sich nun die Wahrnehmung der Menschen verändert, ist nachvollziehbar.

Rechnen Sie mit einem Aufschwung für Ihre Branche angesichts der zunehmenden Unsicherheit?

Kötter: Durch die Anschläge haben wir kaum mehr Aufträge bekommen. Zentrale Säule für unseren Wachstumskurs, den wir im laufenden Jahr mit einem Plus von rund fünf Prozent beim Umsatz fortsetzen wollen, sind unsere Systemlösungen, die von Sicherheitsdiensten und -technik über Geld- und Wertdienste bis zum Risikomanagement reichen. Ich sage aber auch: Wir brauchen neben der weit verbreiteten Versicherungsmentalität auch eine ganz andere Kultur der Sicherheit im Land. Denn der Deutsche versichert sich gerne, parallel dazu müssen wir auch mehr in die Prävention investieren. Private Sicherheitsunternehmen können dazu einen Beitrag leisten.

Konkreter, bitte.

Kötter: Ich denke dabei zum Beispiel an den Objektschutz. Ich glaube nicht, dass ein ranghoher Polizist ein Konsulat oder eine Synagoge bewachen muss. Eine solche Aufgabe können wir genauso gut übernehmen und die Polizei, die ja jede Menge Überstunden anhäuft, spürbar entlasten. Zudem sind auch Bürger und Wirtschaft in der Pflicht, zum Beispiel wenn es um die Abwehr von Wirtschaftsspionage oder den Schutz gegen die explodierenden Einbruchszahlen geht. Denn jeder ist für seine eigene Sicherheit verantwortlich und darf sich nicht allein auf den Staat verlassen.

Ihre Mitarbeiter bewachen bereits viele Objekte, die von Terroristen ins Visier genommen werden könnten – Flughäfen zum Beispiel und Atomkraftwerke. Sollten solche Aufgaben nicht lieber dem Staat überlassen werden?

Kötter: Für die Aufträge, die Sie ansprechen, gelten strenge gesetzliche Vorgaben. An den Flughäfen übernehmen wir unter anderem im Auftrag und unter Aufsicht der Bundespolizei die Fluggast- und Gepäckkontrollen auf Grundlage des Luftsicherheitsgesetzes. Der Einsatz unserer Mitarbeiter in Kernkraftwerken wiederum ist im Atomgesetz geregelt. In beiden Fällen setzen wir sehr gut geschultes Personal ein, das an den Atomkraftwerken zudem bewaffnet ist. Die dortigen Mitarbeiter müssen sich im Übrigen auch einer regelmäßigen Überprüfung durch den Verfassungsschutz unterziehen.

An den Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn, wo Ihre Mitarbeiter im Einsatz sind, werden zuweilen Klagen über personelle Engpässe laut. Müssen Sie dort besser werden?

Kötter: Grundsätzlich wollen wir immer besser werden, das gilt für alle Bereiche. Aber wir sollten auch fair miteinander umgehen. Wenn es zu Beginn der Ferienzeit zuweilen leichte Wartezeiten gibt, ist das nicht gleich Chaos, wie es mancher behauptet, sondern normale Erfahrung an allen Airports. Und auf der Autobahn stehe ich beim Urlaubsstart auch im Stau. Klar ist doch: Bei den Passagierkontrollen am Flughafen muss der Grundsatz Gründlichkeit vor Schnelligkeit gelten, deshalb sollte jeder Fluggast zu Ferienbeginn etwas mehr Zeit einplanen. Schließlich geht es um die Sicherheit.