Berlin. Bio-Diesel, Schokolade, Kosmetik – die Welt giert nach Palmöl. Die Umwelt bleibt dabei auf der Strecke. Aber würde es auch ohne gehen?
Die Palmölproduktion belastet die Umwelt und bedroht viele Tierarten. Trotzdem hat sie sich seit 1990 mehr als verfünffacht. Weltweit wachsen Ölpalmen auf über 17 Millionen Hektar, etwa die Hälfte der Fläche von Deutschland.
Rund 60 Millionen Tonnen werden pro Jahr produziert. 1,82 Millionen Tonnen fließen in die Bundesrepublik, landen in Schokolade und Pizza, Biodiesel und Kosmetik. In vielen Produkten ist Palmöl nur schwer zu ersetzen. Wäre es trotzdem möglich? Der WWF hat das in einer gerade veröffentlichten Studie untersucht.
Warum ist Palmöl so beliebt?
Nach Recherchen des WWF dominiert Palmöl den Weltmarkt mit einem Anteil von 36 Prozent, gefolgt von Sojaöl (27 Prozent), Rapsöl (15 Prozent) und Sonnenblumenöl (8 Prozent). Keine andere Pflanze erzielt auf so wenig Fläche so hohe Erträge wie die Ölpalme – laut WWF sind es 3,3 Tonnen Öl pro Hektar. Zum Vergleich: Kokospalmen, Sonnenblumen und Raps bringen rund 0,7 Tonnen pro Hektar Fläche, Soja 0,4.
Entsprechend günstig wird Palmöl gehandelt. Laut WWF lag es 2014 bei knapp 800 US-Dollar pro Tonne, Kokosnussöl bei mehr als 1300 US-Dollar. Palmöl ist oxidationsstabil, wird also nicht schnell ranzig, übersteht viele Produktionsprozesse unbeschadet und hat eine günstige Fettsäurezusammensetzung.
Was sind die Probleme?
„Palmöl wächst vor allem rund um den Äquator, in Ländern mit der größten Biodiversität“, erklärte Studienkoordinatorin Ilka Petersen vom WWF bei der Vorstellung der Untersuchung in Berlin. 51 Prozent des Öls stammen demnach aus Indonesien, 36 Prozent aus Malaysia. Um Platz für die Palmenplantagen zu schaffen, wurde hier über Jahrzehnte großflächig Regenwald abgeholzt.
„Die Rodungen haben den Orang-Utan an den Rand des Aussterbens gebracht“, so Petersen. Auch viele andere Arten wie der Sumatra-Tiger und Elefanten sind stark bedroht. Zudem ist Indonesien mittlerweile nach China und den USA der weltweit drittgrößte CO2-Verursacher.
Wie schädigt der Anbau das Klima?
Die Emissionen entstehen im Wesentlichen durch Entwaldung, Waldbrände, Entwässerung und Verbrennung von Torfböden – sämtlich Begleiterscheinungen des Palmölanbaus, wie unter anderem Studien des International Food Policy Research Institute (IFPRI) zeigen. Torfböden sind dabei eine besondere Problematik. Sie entstehen über Jahrtausende und können bis zu 6000 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar speichern. Werden die Bäume darüber gefällt und der Boden entwässert, werden erhebliche Mengen davon frei.
Die Zerstörung von Torfmoorwäldern schlägt laut WWF weltweit mit mehr als drei Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr zu Buche. Schlussendlich wachsen Ölpalmen als Monokultur. Sie sind anfälliger für Schädlinge und Krankheiten als Anbauflächen, auf denen verschiedene Pflanzen abwechselnd angebaut werden. Der Pestizideinsatz ist entsprechend höher.
Sind Alternative Öle eine Lösung?
Für die Studie ermittelte der WWF erstmals 98 Prozent des deutschen Palmölverbrauches und prüfte, welche Öle sich als Ersatz eignen würden. Infrage kommen demnach Raps, Sonnenblume, Kokos und Soja, so die Autoren der Studie. Bei Lebensmitteln könne rein technisch auch jedes andere Pflanzenöl zum Einsatz kommen, gleiches gelte für Tierfuttermittel.
Bei Kosmetik, Wasch- und Reinigungsmitteln komme hingegen nur Kokosöl den Eigenschaften des Palmöls nahe. Hier beginnt bereits das Problem. Sowohl Kokos- als auch Sojaöl wachsen in den gleichen oder ökologisch ähnlichen Regionen wie Palmöl.
Ihre Produktion benötigt aber deutlich mehr Fläche. Die Treibhausgasemissionen würden sich bei einer Umstellung laut WWF auf 337 Millionen Tonnen erhöhen, ein Drittel der jährlichen deutschen Emissionen. Allein für den deutschen Verbrauch wächst Palmöl laut WWF derzeit auf einer Fläche von 397.781 Hektar. Um das Palmöl durch einen Mix der vier Ausweichöle zu ersetzen, wäre eine Fläche von 1,85 Millionen Hektar nötig, mehr als viermal so viel.Fazit: „Der simple Austausch von Palmöl durch andere Pflanzenöle löst die Probleme nicht, sondern kann sie sogar verschlimmern“, sagt Ilka Petersen vom WWF.
Was können Anbieter und Politik tun?
Es gibt Mindeststandards, die unter anderem der RSPO (Round Table for Sustainable Palmoil) festlegt. Der WWF ist an dem Projekt beteiligt, wird jedoch häufig dafür kritisiert. So dürfen für RSPO-zertifiziertes Palmöl keine Wälder gerodet werden, es gibt jedoch keine Vorgaben etwa zu hochgefährlichen Pestiziden oder dem Anbau auf kohlenstoffhaltigen Böden. Dennoch könne es ein erster Schritt sein, wenn deutsche Unternehmen auf zertifiziertes Öl umsteigen würden, so der WWF.
Zudem solle jeder Anbieter kenntlich machen, woher das Palmöl in seinen Produkten stammt. Auch die Politik sollte sich nach Ansicht des WWF bei Importvorgaben für mehr Nachhaltigkeit einsetzen und Verzicht auf Palmöl als Biokraftstoff fordern.
Was können Verbraucher tun?
Verbraucher könnten sich laut WWF bei „Luxusgütern“ wie Süßigkeiten, Knabberwaren und Fertigprodukten einschränken – sie machen 17 Prozent des deutschen Palmölbedarfs aus. Acht Prozent fließen in Futtermittel für Nutztiere, weniger Fleischkonsum lautet der Lösungsvorschlag des WWF. Zudem sollten Verbraucher darauf achten, dass ihre Einkäufe zertifiziertes Palmöl enthalten. Der WWF hat zusammengestellt, welche Rolle das bei welchem Hersteller und im Handel spielt. Ein Klick auf die Pfeile im rechten unteren Eck öffnet die Übersicht im Großformat.