Berlin. .
Altersvorsorge ist wichtig – doch was tun, wenn am Monatsende kein Cent mehr dafür übrig ist? Um Geringverdiener, die keinen Spielraum für private Vorsorge haben, vor Altersarmut zu schützen, will die Regierung die Betriebsrenten stärker fördern. Nach dem Willen von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) soll der Staat in Zukunft bei Geringverdienern ein Drittel der Sparsumme übernehmen, die Arbeitgeber die restlichen zwei Drittel. Bei einem staatlichen Zuschuss von 154 Euro pro Jahr käme so eine jährliche Sparleistung von rund 450 Euro heraus. Das Nettogehalt der Arbeitnehmer bliebe dasselbe.
„Wir sind bereit, staatliches Geld in die Hand zu nehmen“, sagte ein Sprecher des Finanzministers dieser Zeitung. „Wir wollen vor allem die kleinen und mittleren Betriebe dazu bringen, Betriebsrenten für Geringverdiener möglich zu machen.“ Für viele wäre das Neuland: „Ein Großteil dieser Unternehmen bietet bislang gar keine Betriebsrenten an.“ Derzeit haben 60 Prozent der Beschäftigten eine Betriebsrente. Bei kleinen Betrieben mit bis zu zehn Mitarbeitern ist es jedoch nur knapp jeder Dritte.
Noch vor der Sommerpause soll das Gesetz beschlossen werden. Bis dahin müssen Finanzminister Schäuble und Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) noch weitere Details klären: So steht noch nicht fest, wer in den Genuss der neuen staatlichen Förderung kommen soll. Ein Gutachten im Auftrag des Finanzministeriums schlägt eine Einkommensobergrenze für Geringverdiener von monatlich 1500 Euro brutto bzw. 18 000 Euro pro Jahr vor. Beschäftigte mit so geringem Einkommen sind kaum in der Lage, zusätzlich Altersvorsorge zu finanzieren: Wer 1500 Euro brutto verdient, hat unter dem Strich gut 1000 Euro netto zur Verfügung. Damit trotzdem viele in den Genuss einer Betriebsrente kommen, will die Regierung Geringverdienern die Beiträge ersparen.
In Anlehnung an die Riester-Förderung könnte der staatliche Zuschuss bei 154 Euro pro Jahr liegen – so schlägt es das Gutachten des Finanzministeriums vor. Welche Belastung damit auf den Staat zukommt, will bislang niemand öffentlich beziffern. Das Finanzministerium bestätigte aber einen Bericht der „Rheinischen Post“, dem zufolge die neue Regelung auch für Minijobber gelten soll. Ein Sprecher des Arbeitsministeriums betonte am Montag, dass Schäubles Vorschläge noch nicht abgestimmt seien – und zudem nur einen Teil des Gesamtkonzepts zur Stärkung der Betriebsrenten beträfen.
Haftung bei Firmenpleiten noch ungeklärt
Offen ist etwa die Frage der Haftung im Fall einer Unternehmenspleite: Wer springt ein, wenn Arbeitgeber die zugesagten Renten nicht zahlen können? Nahles hatte dazu ein Modell ins Gespräch gebracht, bei dem Gewerkschaften und Arbeitgeber gemeinsam die Haftung für kleinere Betriebe übernehmen könnten. Auch ist fraglich, auf welche Weise der Staat die Betriebsrenten für Geringverdiener bezuschussen wird. Nach Informationen dieser Zeitung gibt es zwei Modelle: Die Firmen könnten die Förderung in Form einer staatlichen Zahlung bekommen oder als Entlastung bei der Lohnsteuer.
FDP-Chef Christian Lindner hält die Pläne für Zuschüsse zur Betriebsrente für halbherzig. Die Förderung privater Altersvorsorge sei zwar grundsätzlich sinnvoll, doch „besser als ein Betriebsrentenzuschuss wäre ein Freibetrag in der Grundsicherung“, sagte er dieser Zeitung. Bislang werden Zahlungen aus der privaten Rentenvorsorge auf die staatliche Grundsicherung angerechnet. Wer als Geringverdiener ein Leben lang Geld für die Altersvorsorge beiseitelegt, am Ende aber auf Grundsicherung angewiesen ist, hat umsonst gespart.