Essen. An Rhein und Ruhr entstehen bei Großkonzernen viele Praktikumsplätze für Flüchtlinge. Die Wirtschaft sei mit ihrer Ausbildungsexpertise gefragt.
Mit praktischer Hilfe hat es begonnen. Der Handelsriese Metro stellt Lebensmittel zur Verfügung. Die Deutsche Post organisiert Umzüge. Der Konsumgüterkonzern Henkel versorgt Flüchtlingsunterkünfte mit Wasch- und Reinigungsmitteln – und die Telekom steuert WLAN bei. Doch zunehmend geht es um Arbeitsplätze, wenn sich einige der größten Konzerne aus Nordrhein-Westfalen in der Flüchtlingshilfe engagieren.
„Von 2016 an werden wir unser Engagement stärker auf die Integration von Flüchtlingen ausrichten“, heißt es bei Henkel. Der Düsseldorfer Konzern („Persil“) bietet mit einem Kooperationspartner Bewerbungstrainings an, um die Jobchancen der Flüchtlinge zu verbessern. Geplant seien auch Praktika, Stipendien und Sprachförderung. „Über die staatlichen Bildungsangebote hinaus ist hier die Wirtschaft mit ihrer Ausbildungsexpertise gefragt“, so Henkel.
Die ersten Praktikanten haben schon begonnen
Bei der Telekom sollen 100 Praktikumsplätze entstehen. Auch Eon bietet Praktikumsstellen an. „Unser Schwerpunkt ist, die Flüchtlinge in Arbeit zu bekommen“, heißt es beim Essener Energiekonzern. Der Bochumer Immobilienriese Vonovia will Asylsuchende in Zusammenarbeit mit dem Jobcenter in Gelsenkirchen bei der konzerneigenen Handwerker-Organisation TGS einstellen.
Bei Thyssen-Krupp haben die ersten Flüchtlinge mit ihrer Arbeit als Praktikanten begonnen. In den nächsten zwei Jahren will Thyssen-Krupp 150 zusätzliche Ausbildungsplätze und 230 Praktikumsstellen speziell für Zuwanderer anbieten. An der einen oder anderen Stelle hake es aber noch, heißt es. Damit müsse man „ehrlich und differenziert“ umgehen. Probleme seien „viele bürokratische Hürden“. Und: „Nicht alle Menschen, die zu uns kommen, haben die Qualifikation, die wir brauchen, oder die Möglichkeit, sich diese sehr kurzfristig anzueignen.“
Auch die Deutsche Post setzt gezielt auf Praktika für Flüchtlinge und zählt bisher rund 44 Plätze. „Im Laufe von 2016 soll diese Zahl signifikant gesteigert werden“, betont der Konzern. Auch bei der Post läuft die Vermittlung augenscheinlich nicht immer reibungslos. Bei einem Termin mit dem Jobcenter in Duisburg zum Beispiel erschienen von den angekündigten sechs Interessenten nur drei.
"Aufbaukurs" für eine Ausbildung
Unternehmen wie Bayer und Evonik wollen die Zuwanderer in einem ersten Schritt fit für eine Ausbildung machen. Der Chemiekonzern Evonik hat dazu 15 Plätze in dem Programm „Start in den Beruf“ geschaffen. Der Chemie- und Pharmariese Bayer hat einen viermonatigen „Aufbaukurs“ für junge Flüchtlinge gestartet. Verbessert werden könne indes noch die Zusammenarbeit mit staatlichen oder kommunalen Institutionen, heißt es bei Bayer. „Ohne unsere eigenen Bemühungen, junge Flüchtlinge anzusprechen und für das Angebot zu rekrutieren, wären die ersten beiden Aufbaukurse wohl nicht zustande gekommen.“
Der Baukonzern Hochtief hat noch keine Flüchtlinge eingestellt. Zur Begründung wird mitgeteilt: „Dies liegt vor allem daran, dass wir derzeit auf Baustellen Fachkräfte benötigen, deren Qualifikationsprofil schwer zu finden ist.“