Berlin. Umweltauflagen könnten den Dieselmotor unwirtschaftlich machen. Für den Verband der Autoindustrie ist er dagegen kein Auslaufmodell.
Bei Autofahrern in Deutschland ist der Dieselmotor beliebt: Der Verbrauch ist im Vergleich zum Benzinmotor niedriger, der Sprit ist günstiger, weil er niedriger besteuert wird. Und durchzugsschwach sind die Motoren auch nicht. Konzerne wie VW, Daimler und BMW haben viel in Dieselmotoren investiert. Doch gerade aus München ist jetzt Ungewohntes zu hören: BMW-Chef Harald Krüger hält Dieselmotoren für Auslaufmodelle – wegen der Umweltauflagen. Der Konzern will unter anderem sein Geschäft mit Elektroautos ausbauen.
BMW verkauft besonders viele Autos mit Dieselmotor. 70 Prozent der zwischen Januar und Oktober in Deutschland neu zugelassenen Fahrzeuge der Münchener waren mit einem solchen Motor ausgestattet. Mercedes kam auf 59 Prozent, VW auf 54 Prozent. Die Zahlen stammen aus dem Ausblick des CAR-Instituts an der Universität Duisburg-Essen für 2016.
Verschärfte Prüfverfahren belasten die Hersteller
Deren Direktor Ferdinand Dudenhöffer sieht ebenfalls schwere Zeiten für den Diesel anbrechen – angesichts der Zulassungszahlen mit großen Schwierigkeiten für die deutschen Hersteller, die vor allem auf den Antrieb setzen. Bei japanischen Herstellern spielt der Diesel eine geringere Rolle. Der Anteil an Autos mit Dieselmotoren, die bis Ende Oktober neu in Deutschland zugelassen wurden, liegt bei Honda und Mitsubishi unter 30 Prozent. Bei Weltmarktführer Toyota gar bei nur 20 Prozent.
Von Januar an gelten in der EU neue, verschärfte Prüfverfahren für Abgaswerte – unter anderem eine Folge des VW-Abgasskandals. Der Wolfsburger Konzern hat in den vergangenen Jahren in einen Teil der Dieselmotoren eine Software eingebaut, die im Test den Stickoxidwert senkt. Im normalen Straßenbetrieb liegen die Werte dann bis zum 40-Fachen höher. Öffentlich gemacht hat die US-Umweltbehörde Epa den Fall Mitte September. Die neuen EU-Tests lassen sich nicht so leicht umgehen.
„Elektromobilität wird entscheidende Rolle spielen“
Die strengeren Anforderungen werden Dudenhöffer zufolge Dieselmotoren im Vergleich zu anderen Antrieben verteuern, weil es aufwendiger wird, die Grenzwerte einzuhalten. Diesel für Kleinwagen lohnten dann kaum mehr, schreibt Dudenhöffer. BMW-Chef Krüger geht noch weiter: „Es wird in Zukunft der Punkt kommen, an dem es schlichtweg unwirtschaftlich sein wird, den Dieselantrieb immer weiter an die Anforderungen einer zunehmend ambitionierten Gesetzgebung anzupassen“, sagte er dem „Handelsblatt“. Für Krüger ist klar: „Dann wird Elektromobilität die entscheidende Rolle spielen.“ Benzinmotoren sind kein Ersatz: Sie belasten die Umwelt zwar mit weniger Stickoxiden als ein Dieselmotor, der CO2-Ausstoß ist allerdings deutlich höher.
BMW hat bereits 2013 mit dem i3 einen reinen Elektrowagen vorgestellt, dessen Karosserie aus dem leichten Material Carbon besteht. Auch den Sportwagen i8 mit kombiniertem Elektroantrieb und Benzinmotor gibt es. Das Programm will Krüger ausbauen. Auch die anderen Autobauer arbeiten an Elektrofahrzeugen, etwa der VW-Konzern, der das Thema in den vergangenen Jahren etwas vernachlässigt hatte, jetzt unter dem neuen Chef Matthias Müller aber ausbaut.
Die Abgasaffäre hat Vertrauen gekostet
Die deutsche Autoindustrie sieht den Dieselmotor noch nicht am Ende – nicht durch die VW-Abgasaffäre und nicht durch die Umweltanforderungen. „Wir haben keine Anzeichen, dass der Diesel am deutschen Markt einbricht“, sagte der Präsident des Branchenverbands VDA, Matthias Wissmann, in Berlin. Zwischen August und November sei der Dieselmarkt sogar schneller gewachsen als der gesamte Markt. Die Abgasaffäre bei den Wolfsburgern habe Vertrauen gekostet, „nicht zuletzt in die Dieseltechnologie“. Dennoch sei der Dieselmotor kein Auslaufmodell.