Essen.. Die Abschaltung von fünf Braunkohle-Kraftwerksblöcken des Essener Energieversorgers RWE hat Folgen: 800 bis 1000 Arbeitsplätze dürften wegfallen.
Noch zwei Jahre bleiben dem Essener Energieversorger RWE bis zur Abschaltung seiner ersten Braunkohle-Kraftwerksblöcke im rheinischen Revier. So sieht es der Fahrplan zur Kohlendioxid-Reduktion vor, der mit Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) ausgehandelt wurde. RWE-Chef Peter Terium spricht von einem „tiefen Einschnitt, der unserem Unternehmen und unseren Mitarbeitern eine Menge abverlangt.“
Zu den Belastungen gehört der Abbau von Arbeitsplätzen. Eine RWE-Sprecherin beziffert die Zahl auf „800 bis 1000“. Denn mit der schrittweisen Überführung von fünf Braunkohle-Blöcken in die nationale Energiereserve und die anschließende Komplettabschaltung bedeutet für den Essener Konzern, dass bis 2023 rund 15 Prozent seiner Kraftwerkskapazität vom Netz genommen wird. Das habe nicht nur Beschäftigungskonsequenzen in den betroffenen Kraftwerken, sondern auch im Tagebau, bei der Eisenbahn und bei der Logistik, so die Sprecherin.
Bundesweit gehen 20 Blöcke vom Netz
„Wichtig war uns die Sicherung der Zukunftsfähigkeit der verbleibenden Blöcke, der Standorte und Tagebaue“, betont Matthias Hartung, Vorstandsvorsitzender der RWE Power AG. Im Unternehmen werde bereits über weitere Sparmaßnahmen nachgedacht, da die Fixkosten künftig auf die verbliebleibenden Braunkohle-Kraftwerke verteilt werden, heißt es.
Der Kompromiss mit Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel sieht vor, dass bundesweit 20 Blöcke zunächst in eine vierjährige sogenannte Sicherheitsbereitschaft überführt und anschließend komplett vom Netz gehen. Damit sollen 12,5 Millionen Tonnen des klimaschädlichen Kohlendioxid eingespart werden. Von den 2700 Megawatt, die schrittweise aufgegeben werden, entfallen mit 1500 MW mehr als die Hälfte auf RWE.
Bund zahlt 1,6 Milliarden Euro
Um die Sicherheitsbereitschaft zu gewährleisten, zahlt der Bund den Braunkohle-Betreibern 230 Millionen Euro über sieben Jahre. Den Betrag holt sich Berlin bei den Verbrauchern zurück, indem nach Angaben des Wirtschaftsministeriums die Netzentgelte pro Kilowattstunde Strom um 0,05 Cent steigen.
Die ersten beiden RWE-Blöcke gehen zum 1. Oktober 2017 in Frimmersdorf in Reserve. Dann folgen 2018 zwei Blöcke in Niederaußem und schließlich 2019 ein Block in Neurath – jeweils für vier Jahre. „Es darf keine Kohle mehr im Kraftwerksbunker sein“, so die Konzernsprecherin. Das Personal für die Blöcke müsse weiter vorgehalten werden. Ebenso seien regelmäßige Wartungen und Reparaturen nötig.
Denn für den Fall, dass in extremen Wetterlagen nicht genug Strom und Wärme durch erneuerbare Energieträger wie Wind und Sonne gewonnen werden können, müssen die Braunkohle-Blöcke in der Reserve wieder angefahren werden. „Die Vorwarnzeit der Bundesnetzagentur beträgt 14 Tage“, so die Sprecherin. „Schaffen wir das nicht, verlieren wir den Anspruch auf die Vergütung durch den Bund.“
Kritik von Umweltverbänden und Grünen
Die Reaktionen auf den Braunkohle-Kompromiss fallen unterschiedlich aus: „Die Maßnahme ist wichtig, um unsere Klimaziele zu erreichen und zugleich sicherzustellen, dass es in den betroffenen Regionen nicht zu Strukturbrüchen kommt“, erklärte Wirtschaftsminister Gabriel. Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie lobte das von ihr mitentwickelte Konzept. Ihr Vorsitzender Michael Vassiliadis versprach: „Niemand fällt ins Bergfreie.“ Entscheidend sei, dass der Arbeitsplatzabbau ohne Entlassungen gestaltet werde.
Umweltverbände und Grüne übten Kritik. Laut Greenpeace ist die Sicherheitsbereitschaft „teuer und rechtlich höchstbedenklich“. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz sprach von einem „schmutzigen Deal“. Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer warf Gabriel vor, mit Milliardenkosten eine Kohlereserve zu schaffen, die niemand brauche.