Essen. Immer mehr Menschen kaufen im Internet. Im vergangenen Jahr ist der Handel im Netz um 16,8 Prozent gestiegen. Ein Essener Unternehmen springt auf diesen Zug auf.

Es ist 16 Uhr, die Mitarbeiter von kauf.in schwärmen aus. Mit Einkaufslisten gewappnet fahren sie verschiedene Einzelhändler in Essen an, sammeln die Ware ein und verteilen sie anschließend an ihre Kunden. Die Bestellungen sind online eingegangen, das Startup garantiert eine Lieferung bis 21 Uhr. Lebensmittel, Kleidung oder Schreibwaren – jede Branche wird bedient.

Die Motivation für Geschäftsführer Oliver Weimann und sein Team: Auf den Zug des Onlinehandels, der immer mehr Fahrt aufnimmt, aufspringen, und dabei auch kleine Händler mitnehmen, die sich selbst keinen Internet-Auftritt leisten können.

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Das Startup kassiert zehn Prozent des Einkaufswertes von den Unternehmen und eine Lieferpauschale von 3,90 Euro, die der Kunde zahlen muss. „Ich hoffe, dass durch kauf.in neue Kunden auf mich aufmerksam werden“, sagt Hartmut Ptak, der sich mit seinem Schreibwarengeschäft auf der Magarethenhöhe beteiligt. Die zehn Prozent, die er an das Startup abtreten muss, seien für ihn günstiger, als einen eigenen Online-Shop zu betreiben.

Allein im Juni ist der Internet- und Versandhandel laut Statistischem Bundesammt um 16,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat gestiegen. Dagegen wuchs der stationäre Einzelhandel nur um 2,5 Prozent. Für 2015 erwarten Experten einen Onlinehandel-Umsatz von 43,6 Milliarden Euro.

E-Commerce-Experte Sascha Berens vom Handelsforschungsinstitut EHI sagt: „Der Onlinehandel wird weiter wachsen. Das betrifft aber in erster Linie große Händler wie Amazon und Zalando.“ Zunehmend kämen aber auch kleinere Unternehmen auf den Markt. Dabei seien vor allem Händler in der Textil- und Elektronikbranche auf dem Vormarsch.

Der Lebensmittelhandel hat das Web erst spät für sich entdeckt. Im Jahr 2014 konnten lediglich 1,2 Prozent des gesamten Onlinehandels der Lebensmittel- und Drogeriebranche zugeschrieben werden. Das ändert sich jetzt. „Die großen Lebensmittelketten forcieren den Onlinehandel in diesem Jahr extrem. Da herrscht etwas Angst, dass Amazon Fresh den Markt sonst einnimmt“, sagt Berens.

Der Online-Gigant plant seinen in den USA bereits getesteten Lebensmitteldienst auch in Deutschland zu starten. Kunden können ihre Ware im Netz bestellen und dann an Verteilstationen abholen. Berens findet es deshalb richtig, dass Edeka und Co. sich im Netz ausprobieren und etablieren wollen.

Experte rät zu Online-Shops

Ob und wie sich der Onlinemarkt für Lebensmittel entwickelt, da herrscht bei den Experten Uneinigkeit. Dass der Online-Anteil am gesamten Einzelhandel steigen wird, daran gibt es allerdings wenig Zweifel. Nach einer aktuellen Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) wird dieser sich bis 2025 noch einmal verdoppeln – auf Kosten der stationären Händler. Denen rät Sascha Berens, sich auch im Netz zu präsentieren. Vor allem wenn es um Fleisch und Käse geht, schätzen viele Kunden die Frische, da können lokale Anbieter punkten, wenn sie sich online zeigen“, sagt Berens.

Entwilckung des Online-Umsatz. (Grafik: Denise Ohms)
Entwilckung des Online-Umsatz. (Grafik: Denise Ohms) © WNM

Multi-Channel-Angebote sieht er auf dem steigenden Ast. „Der Kunde der Zukunft möchte selbst entscheiden, über welche Kanäle er einkauft. Und er wünscht eine reibungslose Vernetzung der einzelnen Kanäle.“

Er sieht für junge Startups wie kauf.in Chancen auf dem Markt. „Diese Angebote sind vor allem gut, um den kommunalen Handel zu stärken“, sagt der E-Commerce-Experte. Ob es sich lohnt, könne er nicht einschätzen. Vor allem für Händler, die nicht wissen, wie sie einen eigenen Online-Shop aufbauen, sei es sinnvoll.

Oliver Weimann von kauf.in sieht einen weiteren Vorteil. „Unsere Plattform dient als lokaler Marktplatz. Wenn sich alles so entwickelt, wie wir es uns vorstellen, kann der Kunde bald seine kompletten Einkäufe bei uns erledigen“, sagt er. So könnte sich eine Prognose von Sascha Berens bestätigen: „Aktuell laufen zehn Prozent des Handels online ab, diese Zahl wird aber weiter ansteigen.“