Südwestfalen. Das Jahr nach der Fußball-WM macht Veltins und anderen Brauereien zu schaffen. Doch der 10-Jahres-Vergleich macht den Brauern etwas Hoffnung.
Das Jahr der Fußball-WM ist vorbei - und damit auch die Sonderkonjunktur - man könnte auch sagen: Schonfrist - für die deutschen Bierbrauer. Die Zeichen stehen 2015 wieder auf Absatzrückgang, und zwar in verschärfter Form. Alle namhaften Brauereien verzeichneten im ersten Halbjahr ein Ausstoß-Minus im Vergleich zum Vorjahreszeitraum - von 0,3 Prozent bei Krombacher bis 7,7 Prozent bei Warsteiner, wie die Unternehmen mitteilten. Der nationale Biermarkt verlor so viel wie lange nicht mehr: Umgerechnet 14 Millionen Bierkästen.
Bei der im vergangenen Jahr besonders vom Erfolg verwöhnten Veltins Brauerei betrug der Rückgang 1,9 Prozent, bei Mischgetränken sogar 13 Prozent. „Eine Fußball-WM lässt sich nicht ausgleichen“, sagte Veltins Vertriebschef Dr. Volker Kuhl bei der Vorstellung des Halbjahresergebnisses in Schmallenberg. Zumal die deutlich niedrigeren Temperaturen im Frühling zu mangelnden Absätzen beigetragen hätten. Das Biergeschäft sei im Juni „nicht angesprungen“, so Kuhl.
Der 10-Jahres-Vergleich macht den Brauereien Hoffnung
„Die Brauer sind wieder in der Marktwirklichkeit angekommen und müssen sich mit eigener Kraft gegen die strukturellen Veränderungen durch Demografie und verändertes Käuferverhalten stemmen“, ergänzte Veltins-Generalbevollmächtigter Michael Huber. Soll heißen: Der klassische Pilstrinker kommt in die Jahre und die nachwachsende Konsumentengeneration setzt auf schnell wechselnde Marken und Moden. Wollten sie da mithalten, kämen die Brauereien mit Innovationen kaum nach. „Der Verbraucher hat immer neue Wünsche und die Zyklen werden immer kürzer“, seufzt Huber.
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Trotz der Einbußen zeigte sich Kuhl „nicht unzufrieden“ und zog einen 10-Jahres-Vergleich heran, demzufolge der Veltins-Ausstoß seit 2005 um 14 Prozent gewachsen ist. Jetzt sind schnelle Lösungen gefragt. Die Flaute bei Pils und vor allem Biermischgetränken (- 13 Prozent) treffen den Marktführer in diesem Segment (V+) hart.
Die Dose könnte ein Comeback hinlegen
Das lenkt den Blick der Verantwortlichen auf den wachsenden Markt der Bierspezialitäten (Berliner Weiße, Bock, Lager, Märzen, und andere) sowie der so genannten Craft-Biere (oft nur lokal erhältliche, hopfenbetonte Alternativsorten). Veltins sieht sich bei den Spezialitäten mit dem Grevensteiner Landbier gut aufgestellt. 39 000 Hektoliter wurden im ersten Halbjahr in Steinie-Flaschen und im Fass verkauft - eine Steigerung von 65 Prozent.
Selbst die bei Veltins ungeliebte Dose könnte wieder in den Fokus rücken. „Wir müssen damit rechnen, dass die Dose zurückkommt. Einweg gewinnt an Raum“, glaubt Huber. Das werde vom Handel forciert, der Markenbier in der Dose wolle, aber auch von den jüngeren Verbrauchern, denen das Zurückbringen von Flaschen oft lästig sei.
Bereicherung für den Markt
Dagegen zeigen sich die Brauerei-Oberen um Huber, Kuhl und Marketing-Chef Herbert Sollich bei der Craft-Welle zurückhaltend: „Eine Bereicherung für den Biermarkt - immerhin erfreulich, dass wieder mehr über das Brau-Handwerk gesprochen wird.“, gibt sich Huber schmallippig. 80.000 Hektoliter bedeuteten allenfalls eine Marktnische. „Wir glauben mehr an den Erfolg der Bierspezialitäten“, zeigt sich Huber überzeugt. So erziele die Sorte Hell, die bundesweit um sechs Prozent wächst, in Bayern etwa mit Augustiner, Tegernseer oder Chiemseer vertreten, in NRW Achtungserfolge: „Wir beobachten das mit Interesse“, so der Generalbevollmächtigte.
An das laufende Jahr hat Huber gedämpfte Erwartungen. „Unsere Hoffnung liegt jetzt auf dem August. Da sind noch Steigerungen möglich. Das Wetter im vergangenen August war eine Katastrophe.“