Berlin. . Die fünfwöchige Schlichtung hat den Durchbruch gebracht: Bahn und GDL haben sich auf einen neuen Tarifvertrag geeinigt. Der Weg dahin war steinig.

Streiks bei der Deutschen Bahn sind bis Ende kommenden Jahres so gut wie ausgeschlossen. Diese Nachricht verkündeten die Streitschlichter Bodo Ramelow und Matthias Platzeck. In Verhandlungen über fünf Wochen haben es der thüringische Ministerpräsident und der brandenburgische Ex-Landeschef geschafft, dass sich die Bahn und die Lokführer-Gewerkschaft GDL auf einen neuen Tarifvertrag einigten.

Die beiden Schlichter berichteten, wie kompliziert die Verhandlungen gewesen seien. Anfangs herrschten solche Spannungen zwischen den Konfliktparteien, dass eine Glühbirne ohne Strom über dem Tisch hätte leuchten können, so Platzeck. Auf halber Strecke gab es einen vorübergehenden Abbruch der Schlichtung. Platzeck: „Jetzt aber hoffen wir auf Sozialpartnerschaft.“

Streit um Berufsgruppen

Die Schlichtung war eingeleitet worden, weil GDL-Chef Claus Weselsky und seine Mitglieder neun Mal gestreikt hatten. Sie wollten unter anderem durchsetzen, dass ihre Gewerkschaft nicht nur für die Lokführer, sondern unter anderem auch für Zugbegleiter, Disponenten, Mitarbeiter in den Bordrestaurants und Lokrangierführer Tarifverträge abschließen kann.

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), die diese Berufsgruppen traditionell vertritt, und das Unternehmen Deutsche Bahn wollten abweichende Regelungen für die gleichen Berufsgruppen unbedingt verhindern. Unterstützt fühlten sie sich dabei durch das bald in Kraft tretende Tarifeinheitsgesetz, das widersprüchliche Tarifverträge im selben Unternehmen ebenfalls ausschließt.

Klassischer Kompromiss

Das Schlichtungsergebnis ist ein klassischer Kompromiss. Im neuen Bundesrahmentarifvertrag für das gesamte GDL-Zugpersonal haben diese Gewerkschaft und die Bahn Regeln vereinbart, die denen sehr ähnlich sind, die zuvor bereits die EVG mit dem Unternehmen ausgehandelt hatte: Die Beschäftigten erhalten ab diesem Monat 3,5 Prozent mehr Lohn.

Ab 1. Mai 2016 gibt es weitere 1,6 Prozent Zuschlag. Außerdem bekommen die Arbeitnehmer eine Einmalzahlung von 350 Euro. Die Arbeitszeit für das Zugpersonal soll 2018 um eine Stunde auf 38 Stunden sinken.

Insofern konnte Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber betonen, es handele sich um „gleiche Regelungen für gleiche Berufsgruppen“. Die Botschaft des Unternehmens lautet: Tarifverträge mit abweichenden Inhalten für GDL und EVG hat man nicht abgeschlossen. Dem widersprach auch GDL-Chef Weselsky nicht.

Uneinigkeit über die Folgen

Wie aber sieht die Zukunft aus? An diesem Punkt gingen die Darstellungen über die Wirkung des Ergebnisses auseinander. Schlichter Platzeck sagte, dass „konkurrierende Abschlüsse für das gleiche Personal künftig möglich“ seien. Demnach hätte sich die GDL an diesem für sie entscheidenden Punkt durchgesetzt. Die Bahn betonte dagegen, abweichende Abschlüsse mit beiden Gewerkschaften seien zwar theoretisch denkbar, „aber wir wollen das nicht“. Personalchef Weber schloss einander widersprechende Tarifverträge ausdrücklich aus.

Trotzdem wurde der Konflikt auch für die nähere Zukunft erstmal entschärft. Denn Schlichter Ramelow erläuterte, dass GDL und Bahn eine verbindliche Schlichtung im Konfliktfall für die Zeit bis 2020 vereinbart hätten: Bevor gestreikt wird, müssen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber also immer an einen Tisch setzen.

Neue Streiks in den nächsten Jahren erscheinen damit eher unwahrscheinlich, wenngleich GDL-Chef Weselsky betonte: „Wir müssen das Ergebnis einer Schlichtung nicht übernehmen.“ Vermutlich wird der Mechanismus der verpflichtenden Schlichtung jedoch darauf hinauslaufen, dass abweichende Tarifforderungen der GDL und Positionen der Bahn AG sich einander annähern. Das Tarifeinheitsgesetz bräuchte deshalb für die Bahn einstweilen nicht angewendet zu werden.