Essen. Nach Berechnungen der Mineralölwirtschaft haben die niedrigen Spritkosten die Verbraucher schon um insgesamt fünf Milliarden Euro entlastet.
Die vergleichsweise niedrigen Spritpreisen wirken in Deutschland offenbar weiter wie eine gigantische Konjunkturspritze. Nach Angaben des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV) in Berlin lagen die Preise für Benzin der Sorte E10 mit gut 1,36 Euro je Liter im Durchschnitt des ersten Halbjahres knapp 13 Cent unter den Werten des Vorjahres. Diesel ist demnach mit rund 1,20 Euro sogar 17 Cent günstiger.
Nach Berechnungen des MWV fiel die Summe aller Tankrechnungen in Deutschland bei etwa gleich hohem Verbrauch um fünf Milliarden Euro niedriger aus als im ersten Halbjahr 2014. Fahrer mit Dieselfahrzeugen sparten rund 3,5 Milliarden Euro. An den Zapfsäulen für Benzin tankten die Verbraucher um insgesamt 1,5 Milliarden Euro günstiger. Beim Heizöl betrug die Ersparnis weitere 1,6 Milliarden Euro.
Rohölschwemme
Geprägt wird die Entwicklung durch die anhaltende Flaute auf dem Rohölmarkt. Zwar haben sich die Kurse für die beiden wichtigsten Erdölsorten Brent und WTI nach einem Tiefststand zum Jahreswechsel wieder leicht erholt. Dennoch kostet Rohöl derzeit so wenig wie vor sechs Jahren. Die Rohölschwemme, ausgelöst durch den Fracking-Boom in den USA und eine schwächelnde Weltkonjunktur, zeitigt nach wie vor ihre Wirkung. Einfluss auf die Situation hat auch der Umstand, dass die erdölproduzierenden Länder (OPEC) derzeit nicht erwägen, die Produktion zu drosseln, um damit das Angebot zu verknappen. Zuletzt hatten die OPEC-Staaten Anfang Juni beschlossen, dass es vorerst beim Ausstoß von täglich rund 31 Millionen Barrel (159 Liter) bleibt. Gebremst wird der Niedergang der Ölpreise durch den schwachen Euro. Das verteuert die Ölimporte nach Europa, weil Erdöl weltweit in Dollar gehandelt wird.
Das Bundeskartellamt sieht in den gesunkenen Spritpreisen zudem einen Erfolg der vor knapp zwei Jahren gestarteten Markttransparenzstelle. Die verbesserte Möglichkeit zum Preisvergleich stärke den Wettbewerb. Allerdings sei es vermessen zu sagen, dass dadurch die Preise dramatisch nach unten gegangen seien. Dafür werde der Benzinpreis einfach von zu vielen Faktoren beeinflusst, sagte Kartellamtschef Andreas Mundt am Dienstag in Bonn.
Kartellamt lobt Transparenzstelle
Entscheidend für die Tankstellenpreise sind ohnehin nicht die Rohölnotierungen allein, sondern die Einkaufskosten für Kraftstoffe. Laut Mineralölwirtschaftsverband gingen die Einkaufskosten für Benzin im ersten Halbjahr im Vergleich zu den ersten sechs Monaten 2014 um elf Cent je Liter zurück, ebenfalls um elf Cent sei der Tankstellen-Nettopreis ohne Steuern gesunken. Auch bei Diesel habe die Branche die Preissenkung im Einkauf um 15 Cent an die Verbraucher weitergereicht. Unlängst hatte der Bundesverband der Verbraucherzentralen kritisiert, dass die Mineralölbranche die niedrigen Rohölpreise nicht vollständig an die Endkunden weitergebe.
Profitieren können die Tankstellenkonzerne davon, dass die Geldbörsen ihrer Kunden wegen der günstigen Spritpreise offenbar etwas lockerer sitzen. Das bestätigt Deutschlands größter Tankstellenkonzern Aral in Bochum auf Nachfrage dieser Zeitung: „Es wird einfach mehr getankt“, so Aral-Sprecher Detlef Brandenburg.