Mülheim. . Der Betriebsrat von Kaiser’s Tengelmann hat Zweifel, dass Edeka wie versprochen alle 16.000 Arbeitsplätze erhalten wird. Beide Konzerne kämpfen indes weiter für die Fusion.

Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub ist ein passionierter Sportler. Seine Kondition kann er nicht nur am morgigen Sonntag unter Beweis stellen, wenn der Familienkonzern in Mülheim den Startschuss für den 20. Tengelmann-Lauf gibt. Durchhaltevermögen braucht Haub vor allem auch für die größte Baustelle in seinem Handelskonzern: den Verkauf der 451 Kaiser’s Tengelmann-Supermärkte an den Wettbewerber Edeka.

Der Deal, den er bereits am 7. Oktober 2014 verkündet hatte, sollte eigentlich Ende Juni wirksam werden und das gesamte Unternehmen Kaiser’s Tengelmann an Edeka übergehen. Doch das Bundeskartellamt machte den beiden Partnern einen Strich durch die Rechnung und verweigerte der Übernahme seine Zustimmung. Nun liegt der Fall bei Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, der per Ministerentscheid die Supermarkt-Fusion doch noch möglich machen soll.

Edeka: Verbraucher profitieren von der Übernahme

Bis August hat der SPD-Chef Zeit, zu einem Entschluss zu kommen. Bis dahin muss er sich Stellungnahmen unter anderem der NRW-Landesregierung einholen. In dieser Woche hatte die Monopolkommission die Beteiligten zu einer Anhörung geladen. Nach Informationen der „Lebensmittelzeitung“ reisten die beiden Konzernbosse Markus Mosa (Edeka) und Karl-Erivan Haub (Tengelmann) persönlich nach Bonn, um für ihre Fusion zu werben. Ihre Botschaft: Als Übernehmer sei Edeka für das gesamtwirtschaftliche Gemeinwohl die beste Option. Und genau diesen Effekt hat die Monopolkommission im Gegensatz zu den Wettbewerbshütern des Kartellamts zu prüfen.

Laut „Lebensmittelzeitung“ unterstrich Mosa in dieser Woche noch einmal, dass er die Kaiser’s Tengelmann-Mitarbeiter in den Filialen, den Fleischwerken und der Mülheimer Zentrale weiterbeschäftigen wolle. Die selbstständigen Edeka-Händler zahlten Gewerbesteuer vor Ort. Auch die Verbraucher würden nach Mosas Darstellung von dem Deal profitieren, weil Edeka aufgrund seiner Marktgröße günstigere Preise anbieten könne als die kleine Kaiser’s Tengelmann-Kette.

„Keine schriftlichen Garantien“

An diesen rosarot gefärbten Versprechen hat kein geringerer als der Betriebsratsvorsitzende der Kaiser’s Tengelmann-Region München/Oberbayern erhebliche Zweifel. „Es gibt keine schriftlichen Garantien für den Erhalt der Arbeitsplätze“, sagt Manfred Schick im Gespräch mit dieser Zeitung. Er kritisiert, dass selbst er als Aufsichtsratsmitglied von Kaiser’s Tengelmann weder in den Kaufvertrag, noch in den Antrag auf Ministererlaubnis habe schauen können. „Was muss in dem Vertrag stehen, warum wir ihn nicht sehen dürfen?“, fragt Schick kritisch.

Der Betriebsrat wie die Gewerkschaft Verdi haben nach wie vor erhebliche Vorbehalte gegen Edeka. „Für unsere Beschäftigten würde eine Übernahme nur Verschlechterungen bedeuten, weil sich Edeka an keinen Tarifvertrag halten muss und keine betriebliche Mitbestimmung kennt“, meint Schick. Zweifel, dass unter Edeka-Regie alle 16 000 Kaiser’s Tengelmann-Arbeitsplätze erhalten bleiben, hat auch Verdi geäußert.

Führungskräfte wandern ab

Doch was ist die Alternative? Auch Rewe, die Nummer 2 im deutschen Lebensmitteleinzelhandel, kann nach der Entscheidung des Kartellamts Kaiser’s Tengelmann nicht übernehmen. Und andere Interessenten für die Supermarktkette, die seit 15 Jahren insbesondere in NRW rote Zahlen schreibt, gebe es nicht, versichert Haub immer wieder.

Das Ringen um Kaiser’s Tengelmann, das nun schon seit fast neun Monaten läuft, drückt derweil nicht nur die Stimmung im Unternehmen. In der Mülheimer Zentrale wandern Führungskräfte ab und in Bayern gibt es nach Angaben von Betriebsrat Schick Probleme, vakante Filialleiterposten zu besetzen.