Berlin. . Bund und Länder wollen sich einigen, aber die Fronten sind vor allem zwischen NRW und den Ost-Ländern verhärtet.

Das Duo ist sehr diskret, Olaf Scholz zumal. Wenn der Hamburger SPD-Bürgermeister etwas über den Länderfinanzausgleich aufschreibt, dann nur als Non-Paper, als inoffizielles Arbeitsdokument. Er und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sollen die Vorlage für das Treffen der Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am 18. Juni machen. Wenig dringt nach außen, nur so viel: Beide wollen nicht nur Geld verteilen, sondern ans System selbst heran und stellen dabei einen zentralen Punkt in Frage – den Umsatzsteuervorwegausgleich.

Den stellt man sich am besten als eine Wippe vor. Auf der einen Seite: NRW, 17,5 Millionen Einwohner, 47 Milliarden Euro (Stand 2013) aus der Umsatzsteuer. Und auf der anderen Seite fünf ostdeutsche Länder und Berlin. Auch sie kommen auf gut 16 Millionen Einwohner, nehmen aber nur 36 Milliarden Euro ein. Auf der Wippe herrscht ein Ungleichgewicht.

2,3 Milliarden Euro weniger für NRW

Nun werden die Einnahmen neu berechnet. Der Vorwegausgleich führt dazu, dass NRW 2,3, Bayern 1,7 und Baden-Württemberg 1,5 Milliarden Euro abgezogen werden. Auf der Wippe herrscht dann Balance, NRW und der Osten haben, rein rechnerisch, gleich hohe Einnahmen. Dieser Mechanismus verschleiert die Ertragskraft der Ost-Länder und führt dazu, dass NRW arm gerechnet wird, so dass es hinterher selbst auf Hilfe angewiesen ist. Für kein anderes Bundesland hat der Ausgleich so krasse Folgen. Deswegen will NRW es ändern. Bei dem Thema werde man „hart bleiben“, bekräftigte NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) gegenüber dieser Zeitung. „Das ist unverhandelbar.“

Auf ihn kommt es am 18. Juni zwar nicht an, aber Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) kämpft ebenso verbissen um eine Korrektur. Es geht darum, dass NRW im Zuge eines neuen Verteilsystems mindestens 700 Millionen Euro mehr von den Einnahmen bliebe. Es geht um Geld für Investitionen – und ums Image. NRW will nicht als Nehmerland dastehen.

Keine Planungssicherheit für Ost-Ministerpräsidenten

Das bisherige Ausgleichsystem läuft 2019 aus. Um die Reform kommt man nicht herum. 2016 und 2017 stehen Wahlen an, auch in NRW. Deswegen ist es den Länderchefs wichtig, 2015 abzuschließen und sich am 18. Juni zumindest auf Eckwerte zu verständigen.

Schäuble und Scholz wollen wie NRW den Vorwegabzug kippen. Darüber sind die Ost-Ministerpräsidenten erbost. Sie mauern. „Wir sind im Augenblick wieder weiter von einer Lösung entfernt“, räumt Walter-Borjans ein. Da auch der Solidarpakt endet, fehlt den Ostdeutschen mithin jede Planungssicherheit. Sie müssen dringend wissen, mit wie viel Geld sie aus beiden Töpfen rechnen können.

Neben dem Vorwegausgleich gibt es weitere Streitfelder, etwa die Einwohnerwertung – eine Besserstellung der Stadtstaaten. An jeder Stellschraube wird man wohl drehen. Der politisch entscheidende Punkt ist aber, dass am Ende einer Reform jedes Land mehr Geld hat. Walter-Borjans verhehlt nicht seine Zweifel: „Ich finde diesen Grundanspruch mutig.“

Die Soli-Einnahmen könnten geteilt werden

Und doch ist er einlösbar, wenn Schäuble mehr Geld bereitstellt, konkret: die Einnahmen aus dem Solidarzuschlag teilt. Dann bekämen die Länder sieben Milliarden Euro jährlich. Schäuble hat es ihnen in Aussicht gestellt. Derzeit streitet man um Details, etwa um Kosten der Länder durch die Flüchtlingspolitik.

Dreh- und Angelpunkt der Verhandlungen bleibt Schäubles Geld. Wenn er mehr Mittel in den Finanzausgleich pumpt, kann man den Umsatzsteuervorwegausgleich kippen und gleichzeitig die Ost-Länder unterstützen.