Essen. . Nur nicht nachlassen mit der Kritik an Europas Finanzpolitik: Bundesbankpräsident Jens Weidmann sprach am Dienstag vor dem Politischen Forum Ruhr.

Es müssen schon besondere Zeiten sein, wenn am Abend des Pokalhalbfinales Bayern gegen Dortmund rund 1300 Menschen die Rede eines Notenbankers dem Fußball-Spektakel vorziehen. Diese Bemerkung erlaubte sich Jens Weidmann selbst, als er am Dienstagabend seine Zuhörer beim Politischen Forum Ruhr in der Messe Essen begrüßte. Tatsächlich ist es nicht nur für den Bundesbank-Präsidenten eine außergewöhnliche Zeit mit faktisch abgeschafftem Leitzins, sondern auch für alle Sparer, deren Geld auf dem Konto einfach nicht mehr werden will.

„Haben wir ausgespart?“, fragte deshalb Moderator Stephan Holthoff-Pförtner seinen Gast. Doch Weidmann sieht die extrem niedrigen Zinsen nicht als das Hauptproblem an. Sie seien zwar schmerzhaft für alle Sparer, würden aber gleichzeitig dem Staat helfen, seinen Haushalt zu sanieren und den Unternehmen, günstig an Kredite zu kommen. Angesichts der niedrigen Inflation hält Weidmann die EZB-Politik beim Leitzins auch für richtig.

In seiner Kritik an der EZB lässt Weidmann nicht locker

Erneut kritisierte er allerdings das zusätzlich aufgelegte Billionen-Programm zum Ankauf von Staatsanleihen, mit dem die EZB die Wirtschaft im kriselnden Südeuropa ankurbeln will. „Die Notenbanken werden zum größten Gläubiger der Staaten“, sagte Weidmann und warnt vor zu großen Einfluss der Politik auf die Notenbank. Dass die Staaten sich nun zu historisch niedrigen Zinsen verschulden können, führe dazu, dass der Spar- und Reformeifer „in einigen europäischen Hauptstädten nachgelassen hat.“ Dabei könnten nur gewählte Politiker mit Reformen die Probleme ihrer Länder lösen, nicht die Geldpolitik. Weidman fordert deshalb von der Politik, „dass wir Notenbanker hier nicht in die Ausputzerrolle gedrängt werden“.

Der Bundesbank-Chef sieht auch für Griechenland keine Alternative dazu, die Auflagen ihrer Geldgeber zu erfüllen, anstatt sie aufweichen zu wollen. Beim Eintreiben von Steuern, der Korruptionsbekämpfung und dem Aufbau einer funktionierenden Staatsverwaltung habe Griechenland binnen fünf Jahren viel zu wenig getan – das sei das Hauptproblem, und nicht der Spar- und Reformdruck durch die Partner.

Weidmann sieht aber auch schlechte Vorbilder für das sparunwillige Griechenland. So hätten die Europäer ihren Stabilitätspakt immer weiter aufgeweicht. „Frankreich verletzt die Drei-Prozent-Grenze seit 2008“, kritisiert der Notenbanker. Dass die EU-Kommission die Schonfrist für Paris nun sogar bis 2017 verlängert hat, hält er für „ausgesprochen problematisch“.